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Kommunikation in Russland tätiger ausländischer Unternehmen während des Kriegs in der Ukraine
Jakob Christian Johannsen
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Betreuer*in
Sabine Einwiller
DOI
10.25365/thesis.75743
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-27123.36415.613642-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Das Ziel dieser Masterarbeit ist es zu untersuchen, wie in Russland tätige ausländische Unternehmen während des Kriegs in der Ukraine kommunizieren. Basierend auf der Situational Crisis Communication Theory (SCCT) lässt sich die Situation von in Russland verbleibenden Unternehmen als eine doppelte Krise beschreiben. Es handelt sich um eine operative Krise, die zu Störungen in den betrieblichen Abläufen führt, und um eine Parakrise, die mit Vorwürfen von Stakeholdern verbunden ist. Unternehmen, die hingegen den Forderungen ihrer Stakeholder entsprechen und sich aus Russland zurückziehen, können eine Parakrise abwenden. Um die Krisenbewältigung und die Reaktion von in Russland tätigen ausländischen Unternehmen auf den Krieg in der Ukraine zu untersuchen, wurde die selbstinitiierte externe Kommunikation von 100 Unternehmen analysiert. Diese Auswahl basiert auf der LeaveRussia-Datenbank, in der die Geschäftsentscheidungen zahlreicher Unternehmen infolge der russischen Invasion erfasst und in sechs Kategorien bewertet werden. Unter Einbeziehung zweier Rankings (Global 500 und Top 100) wurden aus der Datenbank die 100 größten in Russland tätigen deutschen, britischen und US-amerikanischen Unternehmen ausgewählt. Von diesen Unternehmen wurden 523 öffentlich zugängliche Statements erhoben, die zwischen dem 24.02.2022 (Kriegsbeginn) und Ende November 2023 veröffentlicht wurden und einen Bezug zum Krieg, zur Ukraine oder zum eigenen Russlandgeschäft aufweisen. Diese Statements wurden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Zusätzlich wurde eine Analyse grundlegender quantitativer Daten durchgeführt. Es zeigt sich, dass 96 Unternehmen mindestens ein Statement zum Krieg in der Ukraine veröffentlichen. Davon äußern sich jedoch 13 nicht zu ihrem Russlandgeschäft. Zur Untersuchung der Kommunikationsstrategien der Unternehmen wurden die Parakrisenreaktionsstrategien der SCCT herangezogen. In den Statements der Unternehmen konnten alle einbezogenen Parakrisenreaktionsstrategien nachgewiesen werden, auch die beiden erst kürzlich in die SCCT aufgenommen Strategien Reference to organizational values und Disassociation. Darüber hinaus konnten vier neue Substrategien herausgearbeitet werden: Wait-and-see Refusal, Temporary Refusal, Forced Revision und Forced Reform. Diese Weiterentwicklung der SCCT kann zu einer kontextspezifischen Krisenkommunikation im Zusammenhang mit Kriegen beitragen. Zudem wird das Konzept der sekundären Parakrisenreaktionsstrategien eingeführt. Diese können unterstützend oder ergänzend zu primären Strategien eingesetzt werden. Zwischen den verschiedenen Branchen der Unternehmen lassen sich Unterschiede in der Kommunikation feststellen. Insbesondere für Unternehmen aus dem Energiesektor scheint der Krieg eine schwere Organisationskrise darzustellen. Dies spiegelt sich in einer ausführlichen und strategisch komplexen Kommunikation wider. Außerdem kommunizieren die Big Five der amerikanischen Technologiekonzerne, mit Ausnahme von Apple, am meisten von allen untersuchten Unternehmen. Die Kommunikation deutscher, britischer und US-amerikanischer Unternehmen weist im Vergleich dagegen überwiegend Gemeinsamkeiten auf. Zudem entspricht in den meisten Fällen die angekündigte Entscheidung zum Russlandgeschäft der Unternehmen auch ihrer zugeordneten Kategorie in der LeaveRussia-Datenbank. Die Hälfte der untersuchten Unternehmen kommuniziert mit mehr als 1.000 Wörtern zum Krieg. Insgesamt 79 Unternehmen veröffentlichen mehr als ein Statement, 47 davon fünf oder mehr. Weitere zentrale Merkmale der Unternehmenskommunikation zum russisch-ukrainischen Krieg sind die Ankündigung von Hilfsmaßnahmen und die Positionierung zum Krieg. Darüber hinaus kündigen rund 50 % der Unternehmen bereits im ersten Statement Einschränkungen ihres Russlandgeschäfts oder einen Rückzug an. Unternehmen, die beschließen, auf dem russischen Markt zu bleiben, kommunizieren diese Entscheidung hingegen selten. Häufig rechtfertigen Unternehmen ihre Geschäftsentscheidung mit der Verantwortung gegenüber den russischen Mitarbeitenden oder der russischen Bevölkerung. Insbesondere in Russland verbleibende Unternehmen betonen ihre Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Grundversorgung mit Lebensmitteln oder Medikamenten. Demgegenüber begründen Unternehmen, die ihr Russlandgeschäft einschränken, dies meist mit betrieblichen oder moralischen Gründen, staatlichen Sanktionen oder dem Krieg selbst.
Abstract
(Englisch)
The aim of this thesis is to investigate how foreign companies operating in Russia communicate during the war in Ukraine. Based on the Situational Crisis Communication Theory (SCCT), the situation of companies remaining in Russia can be described as a double crisis. It is an operational crisis, which leads to disruptions in operational processes, and a paracrisis, which is associated with accusations from stakeholders. However, companies that meet the demands of their stakeholders and withdraw from Russia can avert a paracrisis. To examine the crisis management and response of foreign companies operating in Russia to the war in Ukraine, the self-initiated external communication of 100 companies was analysed. The selection is based on the LeaveRussia database, in which the business decisions of numerous companies in response to the Russian invasion are recorded and evaluated in six categories. Using two rankings (Global 500 and Top 100), the 100 largest German, British and US companies operating in Russia were selected from the database. From these companies, 523 publicly available statements were collected that were published between February 24, 2022 (start of the war) and the end of November 2023 and that relate to the war, Ukraine or the company's business in Russia. These statements were analysed using a qualitative content analysis. In addition, an analysis of basic quantitative data was carried out. It turns out that 96 companies publish at least one statement on the war in Ukraine. However, 13 of them do not comment on their business in Russia. The SCCT paracrisis response strategies were used to examine the companies' communication strategies. All of the included paracrisis response strategies were identified in the companies' statements, including the two strategies Reference to organizational values and Disassociation, which were recently added to the SCCT. In addition, four new sub-strategies were identified: Wait-and-see Refusal, Temporary Refusal, Forced Revision and Forced Reform. This further development of the SCCT can contribute to context-specific crisis communication during war. The concept of secondary paracrisis response strategies is also introduced. These can be used to support or complement primary strategies. Differences in communication can be observed between the different sectors. For companies in the energy sector in particular, the war seems to represent a serious organisational crisis. This is reflected in detailed and strategically complex communication. In addition, the Big Five American technology companies, except Apple, communicate the most of all the companies surveyed. The communication of German, British and US companies, on the other hand, shows mostly similarities in comparison. Moreover, in most cases the announced decision of the companies on their business in Russia corresponds to the category assigned to them in the LeaveRussia database. Half of the companies surveyed communicate with more than 1,000 words on the war. A total of 79 companies published more than one statement, 47 of them five or more. Other key features of corporate communication on the Russian-Ukrainian war are the announcement of aid measures and positioning on the war. In addition, around 50 % of companies announced restrictions on their Russian business or a withdrawal in their first statement. Companies that decide to remain in the Russian market rarely communicate this decision. Companies often justify their business decision based on their responsibility towards Russian employees or the Russian population. Companies remaining in Russia emphasise their responsibility to maintain basic supplies of food or medicine. In contrast, companies that reduce their Russian operations usually cite operational or moral reasons, government sanctions or the war itself.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Unternehmenskommunikation Krieg in der Ukraine Russisch-ukrainischer Krieg Situational Crisis Communication Theory Krisenkommunikation Parakrise Kommunikationsstrategie Statement
Schlagwörter
(Englisch)
Corporate Communication War in Ukraine Russian-Ukrainian war Situational Crisis Communication Theory Crisis communication Paracrisis Communication strategy Statement
Autor*innen
Jakob Christian Johannsen
Haupttitel (Deutsch)
Kommunikation in Russland tätiger ausländischer Unternehmen während des Kriegs in der Ukraine
Paralleltitel (Englisch)
Communication of foreign companies operating in Russia during the war in Ukraine
Publikationsjahr
2024
Umfangsangabe
194 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Sabine Einwiller
AC Nummer
AC17177990
Utheses ID
70933
Studienkennzahl
UA | 066 | 841 | |
