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"Ich gehöre in jeder Beziehung mehr zu den Buben bei den Touren."
Selbstentwürfe der Bergsteigerin Helga Roithner-Wenninger 1940-1955
Julia Lenart
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Geschichte
Betreuer*in
Christa Ehrmann-Hämmerle
DOI
10.25365/thesis.77514
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-22367.00500.214764-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit Selbstentwürfen der Bergsteigerin Helga Roithner-Wenninger (1925–2016). Ausgehend von Erkenntnissen der geschlechterhistorischen Alpinismusforschung fragt sie danach, wie Helga Roithner-Wenninger sich selbst in ihren Tage- und Tourenbüchern als Bergsteigerin im ‚Männerraum‘ Gebirge inszeniert hat. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Quellengattung der Tourenbücher, deren Führung bereits seit dem 18. Jahrhundert wichtiger Bestandteil der alpinistischen Praxis waren. Theoretische Grundlage der Arbeit sind geschlechterhistorische Ansätze sowie Theorien der Gender Studies. Analysiert werden acht Tourenbücher sowie zehn Tagebücher aus dem Nachlass Helga Roithner-Wenningers, die den Zeitraum 1940 bis 1955 umfassen und mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring untersucht werden. Das Gerüst der Analyse bilden drei zusammenhängende Fragestellungen: Erstens frage ich nach der Selbstinszenierung des Selbst in den schriftlichen Aufzeichnungen Helga Roithner-Wenningers, bzw. danach, Faktoren für ihr Selbstverständnis als Bergsteigerin von Bedeutung waren, inwiefern sie sich hierbei von anderen Personen(-gruppen) abgrenzte, und inwiefern sie in ihren Aufzeichnungen männlich oder weiblich konnotierte Verhaltensweisen annahm. Die Inhaltsanalyse zeigt (in Übereinstimmung mit der Forschungsliteratur), dass Geschlecht eine zentrale Rolle für solche Selbstentwürfe spielte – wie bei anderen Bergsteigerinnen auch der Fall. Damit sich Helga Roithner-Wenninger im männlich konstruierten Raum Gebirge als ‚richtige‘ Bergsteigerin inszenieren konnte, musste sie sich rhetorisch von Frauen und der Essenz dessen, was gesellschaftlich als ‚weiblich‘ bewertet wurde, abgrenzen. Zugleich schrieb sie sich durch ihr Handeln und Sprechen in die ‚männliche‘ Gruppe ein. Zweitens untersuche ich, inwiefern Helga Roithner-Wenninger ihre Identität als Bergsteigerin innerhalb von zwischenmenschlichen Beziehungen aushandelte, und welches Verständnis von Bergkameradschaft sich in ihren Tourenbüchern widerspiegelt. Es zeigt sich, dass dieses Changieren zwischen binär verstandenen Geschlechtergrenzen so lange funktionierte, bis sie eine ernsthafte, heteroromantische Beziehung anstrebte, denn die Ideale einer (bürgerlichen) Ehefrau und Mutter waren kaum mit der Tätigkeit des Bergsteigens vereinbar. Drittens wirft die Arbeit einen Blick auf die zeitliche Entwicklung, sowohl auf einer biographischen Achse (Jugend, Verlobung, Ehe und Witwenschaft) als auch in Bezug auf den historischen Kontext (NS-Zeit, Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit). Untersuchte Aspekte beinhalten unter anderem Beschreibungen von körperlicher und psychischer Anstrengung, Bergerfahrung, die Themen Religion und Nationalismus sowie die diskursive Abgrenzung vom bürgerlichen Leben als auch von der lokalen Bergbevölkerung.
Abstract
(Englisch)
This master’s thesis deals with self-perceptions of the mountaineer Helga Roithner-Wenninger (1925–2016). Based on findings from gender-historical alpinism research, I examine how Helga Roithner-Wenninger portrayed herself in her diaries and tour books as a female mountaineer, the mountains being spaces generally defined as ‘masculine’ space. A particular focus lies on the genre of tour books, which have been an important part of mountaineering practice since the 18th century. The theoretical basis of the thesis consists of gender-historical approaches as well as theories of Gender Studies. Eight tour books and ten diaries from Helga Roithner-Wenninger’s personal estate (1940 to 1955) are analysed using a qualitative content analysis according to Philipp Mayring. In doing so, three interrelated questions form the framework of the analysis: Firstly, I investigate the self-portrayal in Helga Roithner-Wenninger’s written records. Therefore, I ask which factors were important for her self-image as a mountaineer, to what extent she differentiated herself from other people (or groups), and to what extent she adopted ‘masculine’ or ‘feminine’ behavioural patterns in her records. The content analysis shows (in accordance with research literature) that gender played an important role regarding her self-conceptions – which also applies to other female mountaineers. In order for Helga Roithner-Wenninger to present herself as a ‘real’ mountaineer in the male-constructed space of the mountains, she had to rhetorically differentiate herself from other women and the essence of what was socially valued as ‘feminine’. At the same time, she inscribed herself in the group of men through her actions and writing. Secondly, I examine how Helga Roithner-Wenninger negotiated her identity as a mountaineer within interpersonal relationships and what understanding of mountain companionship is reflected in her tour books. It is shown that gender transgressions worked until she sought a serious heteroromantic relationship, because the bourgeoise ideals of femininity and motherhood were hardly compatible with mountaineering. Thirdly, this master thesis looks at the development over time, both on a biographical axis (youth, engagement, marriage, and widowhood) and in relation to the historical context (National Socialism, Second World War, and post-war period). Aspects analysed include descriptions of physical and mental strain, mountain knowledge and experience, religion, nationalism, and the discursive differentiation from bourgeois life and local mountain population.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Alpinismus Geschlechtergeschichte Bergsteigen
Schlagwörter
(Englisch)
alpinism mountaineering gender history
Autor*innen
Julia Lenart
Haupttitel (Deutsch)
"Ich gehöre in jeder Beziehung mehr zu den Buben bei den Touren."
Hauptuntertitel (Deutsch)
Selbstentwürfe der Bergsteigerin Helga Roithner-Wenninger 1940-1955
Paralleltitel (Englisch)
"Ich gehöre in jeder Beziehung mehr zu den Buben bei den Touren."
Paralleluntertitel (Englisch)
self-portrayals of the mountaineer Helga Roithner-Wenninger 1940-1955
Publikationsjahr
2024
Umfangsangabe
147 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Christa Ehrmann-Hämmerle
Klassifikation
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte
AC Nummer
AC17408271
Utheses ID
73901
Studienkennzahl
UA | 066 | 803 | |