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Die sozial-psychologischen Aspekte des neuen Terrorismus
Motivsuche auf gesellschaftlicher, kultureller und individueller Ebene
David Blum
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Irene Etzersdorfer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.8381
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30424.69678.405059-9
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Der Terrorismus ist eines der wenigen Phänomene der Neuzeit, das für den Menschen intellektuell und vor allem emotional nicht leicht zu fassen ist. In ersten Reaktionen auf die Attentate von „9/11“ war eine häufig vertretene Ansicht, dass „das Böse an sich“, der Trieb der alles zersetzt, damals freigesetzt worden sei. Eine solche Argumentation, die den Ausbruch terroristischer Gewalt mit dem inneren Triebleben des Menschen zu begründen versucht, greift für die Erklärung von jüngeren Terroranschlägen zu kurz. Zielführender scheint es eher, eine psychosoziale Verursachung von Gewalt in den Blick zu nehmen. Aggression soll hier also nicht als einfache Reaktion oder Abwehr verstanden werden; entscheidend in der Entstehung von gegenwärtiger terroristischer Aggression sind vielmehr komplexe psychosoziale Kontexte, wie etwa Traumatisierungen, gestörte familiäre Strukturen und andere. Beim in dieser Arbeit untersuchten neuen Terrorismus werden Symbole zerstört, die in den Augen der Attentäter für jene Werte stehen, die sich zersetzend auf ihre (traditionelle) Identität auswirken. Tatsächlich geht es aber um innerpsychische Konflikte, die auf eine andere Ebene verlagert werden, da die gesellschaftlichen, familiären Strukturen keinen Platz für Pluralismus zulassen. Wie in dieser Arbeit dargestellt wird, wird der neue Terrorismus hauptsächlich von Personen ausgeübt, die sich mit islamistischen Ideologien identifizieren. Der islamische Fundamentalismus (Islamismus) muss dabei als eine politische Ideologie verstanden werden, die aus fehlerreichen Bewältigungsversuchen auf die Herausforderungen der Moderne entstand. Besonders wichtig in der Ursachenforschung zum neuen Terrorismus ist die Rolle der fundamentalistischen/terroristischen Gruppe. Sie bietet traumatisierten Menschen und Menschen mit fehlerhafter Identität Halt. Innerpsychische Konflikte werden in der Gruppe abgelegt, man identifiziert sich primär mit den Idealen der Gemeinschaft. Durch die Mitgliedschaft in der Gruppe stabilisieren sich solche narzisstisch gekränkten Individuen und verhindern damit den narzisstischen Zusammenbruch. Die Welt des Terroristen ist aufgespalten in „Ungläubige“ und „Gläubige“, in „Böse“ und „Gut“. Das Eigene wird idealisiert, während das Fremde abgelehnt und vor allem abgewertet wird. Der Terrorist fühlt sich permanent in Angst versetzt, sein primäres Ziel ist das Abtöten des Ungewissen um den Zustand innerer Reinheit und Ruhe zu erreichen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht, auch Gewalt, die sich gegen den interpretierten Auslöser der Angst richtet. Methodisch ist diese Arbeit im Arbeitsfeld der politischen Psychologie angesiedelt. Da sich die Politikwissenschaft im Gegensatz zu vielen anderen Disziplinen sehr gut für interdisziplinäre Fragestellungen eignet, werden die interdisziplinären Brücken zwischen einer psychoanalytischen Sozialwissenschaft und einer interpretativen Politikwissenschaft geschlagen. Es wird davon ausgegangen, dass sich Störungen im Individuum auf der politischen Bühne niederschlagen und dort ausagiert werden. Konkret auf diese Untersuchung bezogen bedeutet das, dass es für mehrere Individuen (Gesellschaft) ähnliche Einflüsse geben kann. Daraus entwickeln sich unterschiedliche Störungslagen, die wiederum unterschiedlich ausagiert werden. Diese Komplexität trifft natürlich auch auf das Phänomen des Terrorismus zu.
Abstract
(Englisch)
Terrorism is one of the few phenomena of modern age, which is not easy to grasp for men intellectually and especially emotionally. A common view among first reactions to the attacks of “9/11” was that “evil itself”, the drive that disintegrates it all, had been unleashed. Such a reasoning, which tries to justify the outbreak of terrorist violence with the inner drives of humans, fails to be capable of fully explaining recent attacks. It rather seems more practicable to take a psychosocial cause of violence into consideration. Aggression is not supposed to be perceived as a simple reaction or defence. Rather, complex psychosocial contexts such as traumatisation, disordered family structures and others, are decisive in the emergence of contemporary terrorist aggression. New Terrorism is about destroying symbols, which in the eye of the attackers stand for those values which have a dissolving impact on their (traditional) identity. However, it actually is about internal psychic conflicts, which are transferred to another level, because the social, familial structures do not leave any room for pluralism. As presented in this thesis, new terrorism is mainly exercised by people who identify themselves with islamist ideologies. Islamist fundamentalism (Islamism) must thereby be perceived as a political ideology, which evolved from failed attempts of coping with the challenges of modern times. The role of the fundamentalist/terrorist group is especially important in causal research on new terrorism. The group offers support to traumatised people and those with a flawed identity. In the group internal psychic conflicts are abandoned, one identifies oneself primarily with the ideals of the community. Through the membership of the group these narcissistically hurt individuals stabilise and therewith avoid narcissistic breakdown. The world of the terrorist is split into “nonbelievers” and “believers”, into “evil” and “good”. The self is idealised, while the other is opposed and above all devaluated. The terrorist feels permanently scared, his primary goal is to kill off the uncertain to reach a state of inner purity and peace. The terrorist uses any means possible to achieve this, even violence directed at the interpreted trigger of his fear. Methodically, this thesis is positioned in the field of political psychology. Since political science – in contrast to many other disciplines – lends itself to interdisciplinary approaches, interdisciplinary ties between psychoanalytic social science and an interpretative political science are being established. It is assumed that disorders within the individual are reflected in the political stage and are being acted out. Relating to this study, this means that there can be similar influences for multiple individuals (society). Hence different levels of disorders develop, which themselves are acted out differently. This complexity of course applies to the phenomenon of terrorism as well.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
New Terrorism Islamism Identity and Traumata Suicide Bombing
Schlagwörter
(Deutsch)
Neuer Terrorismus Islamismus Islamische Gesellschaften Identität und Traumata Selbstmordattentat
Autor*innen
David Blum
Haupttitel (Deutsch)
Die sozial-psychologischen Aspekte des neuen Terrorismus
Hauptuntertitel (Deutsch)
Motivsuche auf gesellschaftlicher, kultureller und individueller Ebene
Paralleltitel (Englisch)
Psychosocial aspects of new terrorism
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
119 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Irene Etzersdorfer
Klassifikationen
89 Politologie > 89.05 Politische Theorie ,
89 Politologie > 89.52 Politische Psychologie, Politische Soziologie ,
89 Politologie > 89.90 Außenpolitik, Internationale Politik
AC Nummer
AC08067617
Utheses ID
7552
Studienkennzahl
UA | 300 | | |
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