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The neuropharmacology of social motivation in autism
integrating opioid-oxytocin interactions, naturalistic eye tracking and computational modeling
Raimund Bühler
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium Naturwissenschaften: Psychologie
Betreuer*in
Giorgia Silani
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.79027
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-31001.06750.460750-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind durch tiefgreifende Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion gekennzeichnet. Trotz intensiver Forschungsbemühungen sind die zugrunde liegenden neurobiologischen Mechanismen bislang nur unzureichend verstanden und die therapeutischen Möglichkeiten zur Unterstützung bei sozialen Beeinträchtigungen sind begrenzt. Ein zentraler Forschungsansatz befasst sich mit der Rolle des endogenen Opioidsystems in der Regulation von Sozialverhalten und Bindung. Das Opioidsystem ist nicht nur für Schmerzregulation und Belohnungsverarbeitung entscheidend, sondern spielt auch eine wichtige Rolle bei der sozialen Motivation. Basierend auf Tiermodellen und der Brain Opioid Theory of Social Attachment (BOTSA) wurde bisher angenommen, dass eine übermäßige Opioidaktivität bei ASS zur Reduktion sozialer Motivation beitragen könnte, ein Mechanismus, der durch Opioidantagonisten wie Naltrexon pharmakologisch modulierbar wäre. Größere klinische Studien mit Naltrexon lieferten bislang jedoch teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Ein neuerer Ansatz betont die Wechselwirkung von Opioiden mit dem Neuropeptid Oxytocin. Oxytocin ist ein im Hypothalamus gebildetes Nonapeptid, das peripher als Hormon und zentral als Neuromodulator wirkt. Es wird ebenfalls mit der Regulation von Sozialverhalten und Bindung in Verbindung gebracht. Ziel dieser Arbeit ist daher, zu untersuchen, wie die Interaktion zwischen dem Opioid- und dem Oxytocin-System soziale Aufmerksamkeit und Motivation bei ASS beeinflusst. Theoretisch stützt sich die Arbeit auf Konzepte der sozialen Aufmerksamkeit, des Verstärkungslernens und des predictive processing Ansatzes. Methodisch wurden Eye-Tracking sowie Computational Modeling verwendet. Durch drei empirische Studien wurden wesentliche Probleme in der bestehenden Forschung aufgegriffen: Die vorherrschende Nutzung bildschirmbasierter Experimente in der Erforschung sozialer Aufmerksamkeit, die Frage nach der Spezifität von Lernunterschieden bei ASS sowie die bislang wenig erforschte Interaktion neurobiologischer Systeme. In der ersten Studie wurde das Blickverhalten von Teilnehmern während natürlicher Gespräche mittels mobilem Eye-Tracking und automatischer Gesichtserkennung mit Computer-Vision-Algorithmen erfasst. Im Vergleich zu herkömmlichen bildschirmbasierten Laborexperimenten erlaubt das naturalistische Design eine ökologisch validere Erfassung von sozialer Aufmerksamkeit. Autistische Persönlichkeitsmerkmale waren hierbei negativ mit Fixationen auf die Augenregion korreliert, was die Sensitivität des experimentellen Paradigmas für Unterschiede im Blickverhalten unterstreicht. Die zweite Studie untersuchte Verstärkungslernen mit Point-Light-Displays (PLDs). Um Unterschiede in der sensorischen Verarbeitung zu minimieren, wurden soziale und nicht-soziale Belohnungsstimuli erstellt, die hinsichtlich grundlegender visueller Eigenschaften aufeinander abgestimmt waren. Computational Modeling erfolgte auf Basis von Rescorla-Wagner-Modellen, wurde jedoch um den zusätzlichen Parameter der Belohnungssensitivität (reward sensitivity) erweitert. Es zeigte sich, dass höhere Ausprägungen autistischer Merkmale unabhängig vom sozialem Inhalt der Stimuli mit einer reduzierten Belohnungssensitivität einhergingen. Dies ist eher mit allgemeinen Lernunterschieden vereinbar als mit einer selektiven sozialen Lernbeeinträchtigung. In der dritten Studie wurden die kombinierten Effekte von Naltrexon und Oxytocin auf das soziale Blickverhalten bei Personen mit und ohne ASS untersucht. Zwar zeigten sich keine signifikanten Haupteffekte der pharmakologischen Bedingungen, jedoch reduzierten sich Gruppenunterschiede im Blickverhalten. Zudem zeigten sich unterschiedliche Zusammenhänge zwischen Cortisolreaktionen auf Naltrexon und Blickverhalten in beiden Gruppen: Während ein höherer Cortisolanstieg mit erhöhter sozialer Aufmerksamkeit bei Personen mit ASS einherging, war derselbe Effekt bei Kontrollpersonen negativ. Die Ergebnisse legen nahe, dass Opioide und Oxytocin gemeinsam (möglicherweise über Interaktionen mit der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse) soziale Aufmerksamkeit und Belohnungsverarbeitung bei ASS modulieren. Die vorliegende Arbeit leistet damit einen Beitrag zum besseren Verständnis der neurobiologischen Grundlagen sozialer Motivation und Aufmerksamkeit bei ASS und bietet methodische Impulse für zukünftige Forschung.
Abstract
(Englisch)
Autism spectrum disorder (ASD) is characterized by profound difficulties in social interaction and communication. Despite substantial efforts, underlying neurobiological mechanisms remain poorly understood and clinical interventions to alleviate social symptoms are limited. One prominent line of research has focused on the role of the endogenous opioid system in regulating social behavior and bonding. According to the Brain Opioid Theory of Social Attachment (BOTSA), excessive opioid activity may suppress social motivation in ASD, a mechanism that could be pharmacologically targeted via opioid antagonists such as naltrexone. However, larger clinical trials with naltrexone have produced inconsistent findings. A more recent perspective emphasizes the interaction between opioids and the neuropeptide oxytocin, a hypothalamic nonapeptide that acts both peripherally as a hormone and centrally as a neuromodulator, and has similarly been implicated in the regulation of social behavior. The major goal of this thesis is to investigate how interactions between opioid and oxytocin modulate social motivation and attention in ASD. The work builds on theoretical frameworks from social attention, reinforcement learning, and predictive processing, and combines mobile eye tracking, pharmacological intervention, and computational modeling. Across three empirical studies, I addressed important limitations in the existing literature: the over-reliance on screen-based paradigms in social attention research, ambiguity regarding the domain-specificity of social learning differences in ASD and the limited investigation of neurochemical interactions. In the first study, eye-tracking data were collected during naturalistic, face-to-face conversations using mobile eye tracking and computer vision–based face detection. Autistic traits were negatively associated with eye-directed gaze, supporting the ecological validity of this approach. The second study employed a reinforcement learning paradigm using point-light displays (PLDs) of social and non-social stimuli. Computational modeling was based on an extended Rescorla-Wagner framework including a reward sensitivity parameter. Higher autistic traits were associated with reduced reward sensitivity across both social and non-social conditions. This finding suggests a general learning alteration rather than a domain-specific social deficit. The third study explored the interactive effects of naltrexone and oxytocin on social gaze in individuals with and without ASD. Although overall drug effects were subtle, group differences in eye-directed gaze were attenuated under pharmacological modulation. Furthermore, cortisol responses to naltrexone were differentially associated with gaze behavior across groups: higher cortisol was linked to increased social gaze in ASD, but decreased gaze in neurotypicals. These opposing patterns suggest that opioidergic modulation of social attention may be mediated, at least in part, by interactions with the hypothalamic-pituitary-adrenal (HPA) axis. Taken together, this work advances our understanding of the neurobiological mechanisms underlying social motivation in ASD and contributes important methodological innovations for future research.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Autismus Oxytocin Opioide Eye-Tracking Soziale Motivation Sozial Aufmerksamkeit Reinforcement Learning Predictive Processing Naltrexon Rescorla-Wagner
Schlagwörter
(Englisch)
Autism Spectrum Disorder Oxytocin Opioid Naltrexone Eye Tracking Reinforcement Learning Predictive Processing Social Motivation Social Attention Rescorla-Wagner Autism-Spectrum-Quotient
Autor*innen
Raimund Bühler
Haupttitel (Englisch)
The neuropharmacology of social motivation in autism
Hauptuntertitel (Englisch)
integrating opioid-oxytocin interactions, naturalistic eye tracking and computational modeling
Publikationsjahr
2025
Umfangsangabe
124 Seiten : Illustrationen
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Leonhard Schilbach ,
Jamie Ward
Klassifikation
77 Psychologie > 77.70 Klinische Psychologie
AC Nummer
AC17611377
Utheses ID
76142
Studienkennzahl
UA | 796 | 605 | 298 |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1