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"Schweigende Opfer"?
jüdische Aufarbeitung nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung in "Der neue Weg" in der frühen Nachkriegszeit
Katharina Regneri
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Interdisziplinäres Masterstudium Zeitgeschichte und Medien
Betreuer*in
Brigitte Bailer-Galanda
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.78621
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-18112.14967.359845-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Ausgehend von der weit verbreiteten Annahme, jüdische Überlebende hätten nach ihrer Befreiung vom Nationalsozialismus lange Zeit geschwiegen, war es Ziel der vorliegenden Masterarbeit, diesem Mythos den konkreten Umgang jüdischer NS-Opfer mit der nationalsozialistischen Vergangenheit entgegenzuhalten. Der Fokus liegt dabei auf ihrer aktiven Partizipation im öffentlichen Diskurs um die NS-Deutungsmuster und Narrative im frühen Nachkriegsösterreich, die insbesondere durch die sogenannte „Opferthese“, das Gefallenengedenken und die Re-Integration der ehemaligen Nationalsozialsten strukturiert waren. Die Arbeit folgt der Frage, ob und wie die jüdischen Überlebenden in der frühen Nachkriegszeit die nationalsozialistischen Verbrechen an den Jüdinnen und Juden öffentlich thematisierten und wie sich ihre Perspektiven in den österreichischen Nachkriegsdiskurs einordnen lassen. Untersuchungsgegenstand bildet die nach 1945 erste und zunächst bedeutendste jüdische Zeitung Österreichs, Der Neue Weg. Anhand einer qualitativen inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse wird untersucht, wie darin (1) die NS-Verbrechen an den Jüdinnen und Juden innerhalb des gesamten NS-Verbrechenskomplex positioniert werden, (2) welche Ursachen für die Verfolgung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden angeführt werden, (3) inwiefern eine Beteiligung österreichischer Akteure und (4) Antisemitismus innerhalb Österreichs thematisiert wurden. Die Arbeit zeigt, dass Der Neue Weg unmittelbar nach 1945 aktiv als Akteur im Diskurs um die Deutung der nationalsozialistischen Vergangenheit auftrat. Er bewegte sich dabei in einem ambivalenten Spannungsfeld aus Integrationsversuchen in bestehende hegemoniale Narrative, der Selbstbehauptung jüdischer Erfahrung und der konsequenten Abwehr österreichischer Externalisierungs- und Schuldabwehrbestrebungen. Damit stellte er eine seltene Gegenstimme im österreichischen Nachkriegsdiskurs um den Nationalsozialismus dar. In der Verhandlung von Fragen, die erst Jahrzehnte später zentrale Bedeutung für die gesellschaftliche Wahrnehmung und die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erlangen sollten, besaß Der Neue Weg zudem richtungsweisenden Charakter.
Abstract
(Englisch)
Drawing on the widely held assumption that Jewish survivors remained silent for a significant period following their liberation from National Socialism, the aim of this master’s thesis is to critically challenge this narrative by examining the concrete ways in which Jewish victims of Nazi persecution actively engaged with the National Socialist past. The focus lies on their participati-on in the early post-war Austrian public discourse, which was structured predominantly by the so-called „victim theory“, the commemoration of fallen soldiers and the reintegration of former National Socialists into society. The central research question addresses whether, and in what manner, Jewish survivors publicly articulated the Nazi crimes committed against Jews during the immediate post-war period, and how their perspectives can be situated within the broader contours of Austrian post-war memory and discourse. The primary object of analysis is Der Neue Weg, Austria’s first and, initially, most influential Jewish newspaper after 1945. Employing a qualitative, content analysis, the thesis investigates (1) how the Nazi crimes against Jews were positioned within the overall complex of Nazi atrocities, (2) which causes were identified for the persecution and extermination of Jews, (3) the extent to which Austrian individuals were implicated, and (4) how antisemitism in Austria was addressed. The findings demonstrate that Der Neue Weg emerged immediately after 1945 as an active discursive agent in shaping the interpretation of the National Socialist past. It navigated a complex and ambivalent field marked by attempts to integrate into hegemonic narratives, the assertion of Jewish historical experience, and a resolute opposition to Austria’s strategies of externalising guilt and evading responsibility. As such, the newspaper constituted a rare, albeit internally nuanced, counter-voice within the Austrian post-war discourse on National Socialism. Moreover, in addressing themes that would only gain broader scholarly and societal relevance decades later, Der Neue Weg assumed a prescient and pioneering role.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Opferthese Nationalsozialismus Jüdisches Leben nach 1945 Nachkriegsösterreich NS-Aufarbeitung Jüdische Presse
Autor*innen
Katharina Regneri
Haupttitel (Deutsch)
"Schweigende Opfer"?
Hauptuntertitel (Deutsch)
jüdische Aufarbeitung nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung in "Der neue Weg" in der frühen Nachkriegszeit
Paralleltitel (Englisch)
"Silent victims"?
Paralleluntertitel (Englisch)
Jewish confrontation with Nazi persecution and genocide in "Der neue Weg" during the early postwar period
Publikationsjahr
2025
Umfangsangabe
123 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Brigitte Bailer-Galanda
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.60 Schweiz. Österreich-Ungarn. Österreich ,
15 Geschichte > 15.96 Geschichte des jüdischen Volkes außerhalb des Staates Israel
AC Nummer
AC17563896
Utheses ID
76240
Studienkennzahl
UA | 066 | 665 | |
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