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Das ist doch typisch! Oder nicht?
über die Mikrogenese von Kunstwahrnehmung in Abhängigkeit von Expertise
Katharina Neuhauser
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Claus-Christian Carbon
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.8538
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29273.20005.646062-8
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Kategorisieren stellt eine Grundfunktion aller Organismen dar (Mervis & Rosch, 1981). Als zentraler Bezugspunkt dafür dienen Prototypen („bestes Beispiel“), deren Relevanz im Alltag (z.B. Gesichtswahrnehmung) unumstritten ist. In der Kunstwahrnehmung wurde Prototypikalität bisher jedoch wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher mehr über die Relevanz von Prototypikalität bei der Kunstbetrachtung zu erfahren. Dies erfolgte anhand mikrogenetischer Herangehensweise (Flavell & Draguns, 1957) und unter Berücksichtigung von Expertise, die bei Kategorisierung von zentraler Wichtigkeit ist. (Augustin & Leder, 2006). In der Literatur hat sich wiederholt gezeigt, dass Experten Kunst nach stilistischen Merkmalen beurteilen und Laien sich auf den Inhalt konzentrieren (Augustin & Leder, 2006). Als Grundlage meiner Hypothesen wurde das preference‐for‐prototypes – Modell (Martindale, 1984) herangezogen, wonach prototypische Stimuli stärker präferiert werden. Prototypische Objekte werden außerdem genauer und schneller beurteilt (Posner & Keele, 1968). Auf Basis dieser Forschungsergebnisse wurden die Hypothesen verfolgt, dass Laien Gemälde mit prototypisch dargestelltem Inhalt präferieren bzw. schneller beurteilen und Experten Bilder mit Prototypikalität des Stils. Mittels Training der zwei verwendeten Stilrichtungen wurde die Hälfte der Teilnehmer (n = 59) zu Experten für stilistischen Merkmale von Kubismus und Surrealismus gemacht. Daher bestand das Experiment aus drei Teilen: Zwei Beurteilungsdurchgängen mit einem dazwischen liegendem Training. Die Daten des ersten Durchgangs wurden als Basisrate herangezogen. Zur Kontrolle des Funktionierens des Trainings wurden neben der Abgabe des Gefallens (siebenstufige Skala) auch forced‐choice Kategorisierungsaufgaben des Inhaltes und des Stils vorgegeben. Es konnte gezeigt werden, dass das Training zu Schaffung von Experten erfolgreich war. Darüberhinaus lassen sich die Forschungsergebnisse bezüglich Prototypikalität auch auf die Kategorisierungsaufgaben übertragen. Der jeweilige Aspekt sollte leichter kategorisierbar sein, wenn er prototypisch dargestellt ist. Die Hypothesen in Bezug auf die Inhaltskategorisierungen konnten bestätigt werden. Auch bei der Stilkategorisierung wurden die Stilprototypen besser erkannt. Allerdings wurden die Urteile bei allen Arten der Prototypen in der Stilkategorisierung gleich schnell abgegeben. Bei den Gefallensurteilen zeigte sich nur bei den Laien eine teilweise Bestätigung der preference‐forprototypes – Theorie. Inhaltsprototypikalität an sich führt zwar tendenziell zu einer Erhöhung des Gefallens, allerdings werden nur Bilder deren Inhalt und Stil prototypisch ausgeprägt sind, von Laien signifikant stärker präferiert; Experten zeigten jedoch keinerlei Präferenzen. Daher liegt es nahe, dass sich Inhalt und Stil in der Kunstwahrnehmung nicht voneinander trennen lassen. Nur in Kombination können sie ihre ganze Wirkung auf das Gefallen von Laien entfalten. Mit Expertise scheint der Effekt von Inhalts‐ und Stilprototypikalität auf Gefallen an Relevanz zu verlieren. In Bezug auf die Reaktionszeiten beider Gruppen ließ sich ebenfalls kein Prototypikalitätseffekt beobachten. Es scheint als könne Prototypikalität lediglich bei der Kategorisierung des Inhaltes die Reaktionszeiten beeinflussen. Die Beantwortung der zentralen Fragestellung, ob sich die Prototypen von Laien und Experten in der Kunstwahrnehmung unterscheiden, muss jedoch offen bleiben. Die Beurteilungen des Gefallens von Kunstwerken scheint ein so komplexer Wahrnehmungsprozess zu sein, dass er sich sogar mittels Stil‐ und Inhaltsprototypen nicht fördern lässt. Einerseits wäre es denkbar, dass Prototypikalität ihren Effekt auf Gefallen erst später im Kunstwahrnehmungsprozess entfaltet und daher längere Darbietungszeiten notwendig wären, um den Effekt beobachtbar zu machen. Andererseits könnten auch andere Bildparameter, wie z.B. Helligkeit, Kontrast, Sättigung oder Farbe, „prototypisch“ sein und daher Effekte auf das Gefallen zeigen. Dies gilt es in weiterführenden Studien zu erforschen.
Abstract
(Englisch)
Categorization is a basic function in all organisms (Mervis & Rosch, 1981). The central point of reference for classification are prototypes (i.e. “best example”), whose importance is indisputable for the everyday life (e.g. in face perception). However, in the perception of art there has been paid little attention to prototypicality so far. Therefore, the aim of this diploma thesis is to examine the relevance of prototypicality in the appreciation of art. This was achieved by taking advantage of the microgenetic approach (Flavell & Draguns, 1957), and in consideration of expertise, which is of particular importance in categorization (Augustin & Leder, 2006). The literature research showed that experts assess art in terms of its stylistic attributes, whereas naïve viewers concentrate on the depicted content (Augustin & Leder, 2006). The basis of my hypotheses is the preference‐for‐prototypes – model (Martindale, 1984), which states that prototypical stimuli are stronger preferred. Furthermore, prototypical objects are judged more accurate and faster, than non‐prototypical ones (Posner & Keele, 1968). Based on this literature research, my hypotheses are that paintings with prototypical depictured content are more preferred and faster judged by novices, whereas pictures with prototypicality of the style are rather favored and quicker rated by experts. Half of the participants (n = 59) were trained to become experts by using a tutorial for the stylistic characteristics of the two presented styles: cubism and surrealism. Hence, the experiment consisted of three parts: two judgment runs and an intermediate training phase. The data of the first run was used as baseline. The probands had to rate their liking of the stimuli (on a scale from 1 to 7) and perform two forced‐choice – categorization tasks of the content and style, which acted as a validation of the training effect. It could be shown, that training the “experts” to recognize the different styles was successful. Furthermore, the research results concerning prototypicality can be transferred to categorization tasks. The particular aspect (content vs. style) should be easier to categorize, when it is depicted prototypical. The hypotheses regarding the categorization of the content could be confirmed. In terms of categorizing the style, the prototypes of style were recognized better. However, the reaction times were the same at all types of prototypicality. The preference‐for‐prototypes – theory could only be confirmed partially for the ratings. The non‐experts showed that prototypicality of the content tends to result in increased liking, but only the paintings with prototypicality in content and style were preferred more significantly; there could not be found any preference within the experts group. Due to these results, it seems obvious that content and style could not be separated in art perception. Only the combination of both has the full impact on the liking of naïve viewers. With expertise, prototypicality of content and style seems to lose its effect on preference. Concerning the reaction times of both groups, there was also no observable prototypicality‐effect. It seems that prototypicality could only influence reaction times on categorization of contents. However, it is still an open question whether the prototypes of novices and experts differ in art perception. The rating of preference of artworks seems to be such a complex, perceptual process that even via prototypes of style and content it could not be facilitated. On the one hand it could be possible that prototypicality displays its effects later in the process of art perception. Thus longer presentation times could be necessary to make the effect observable. On the other hand other pictural features, like brightness, contrast, saturation and colour, could be “prototypical” and therefore influence preference. These assumptions could be investigated in further studies.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
art perception prototypicality microgenesis expertise preference
Schlagwörter
(Deutsch)
Kunstwahrnehmung Prototypikalität Mikrogenese Expertise Gefallen
Autor*innen
Katharina Neuhauser
Haupttitel (Deutsch)
Das ist doch typisch! Oder nicht?
Hauptuntertitel (Deutsch)
über die Mikrogenese von Kunstwahrnehmung in Abhängigkeit von Expertise
Paralleltitel (Englisch)
That's typical! Or not? ; about the microgenesis of art perception dependent on expertise
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
186 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Claus-Christian Carbon
Klassifikationen
77 Psychologie > 77.05 Experimentelle Psychologie ,
77 Psychologie > 77.40 Wahrnehmungspsychologie
AC Nummer
AC08014127
Utheses ID
7700
Studienkennzahl
UA | 298 | | |
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