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Die "republica perfetta" des Niccolò Machiavelli als Bezugsrahmen für das "Kosmopolitische europäische Empire"
eine kritische Analyse des Nationalstaates als organisierendes Prinzip europäischer Politik
Andreas Berger
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Peter Gerlich
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.8877
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29899.79199.130663-6
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Arbeit analysiert das Konzept des Kosmopolitischen europäischen Empires von Ulrich Beck und Edgar Grande und das Konzept der republica perfetta von Niccolò Machiavelli vor dem theoretischen Hintergrund der politischen Utopie. Die Implosion der ehemaligen Supermacht Sowjetunion samt ihrem Imperium im Jahre 1989 bezeichnet das Ende des Kalten Krieges und der bipolaren Weltordnung, was eine Vielzahl neuer Nationalstaaten auf die politische Bühne Europas brachte. Die europäische Politik bewegt sich seitdem in einem enormen Spannungsverhältnis zwischen nationaler Unabhängigkeit und Vereinigung. Mit der Analyse des Kosmopolitischen europäischen Empires von Ulrich Beck und Edgar Grande soll die vorliegende Forschungsarbeit einen Beitrag zum Verstehen der europäischen Veränderungsdynamik liefern. Untersuchungsgegenstand ist insbesondere die nationalstaatliche Orientierung Europas und die Souveränitätsausrichtung der Länder Europas beziehungsweise das damit verbundene Problem der Identität der Menschen und die Schwierigkeiten der Integration. Als Bezugsrahmen für die Untersuchung dienen die historischen und sozio-ökonomischen Kontexte Machiavellis in Italien der Renaissance. In dieser Arbeit wird beurteilt, inwieweit die Konzepte italienischer Nationalstaat in der Renaissance und Kosmopolitisches europäisches Empire heute als politische Utopie bezeichnet werden können. Als Methode zum Erkenntnisgewinn wird eine Analysetechnik der textkritischen teleologischen Interpretation verwendet, die aus einem dialektischen Vergleich differenzierter Ansätze, vor dem Hintergrund unterschiedlicher Einflusskriterien der Theoriebildung im Sinne von „rekonstruktivem Verstehen“, in syllogistischer Manier, Schlüsse zu ziehen versucht. Dabei wurde die Methode der Kontextualisierung der Cambridge School herangezogen, die politische Theorie streng im historischen Kontext betrachtet. Der ständige Rückgriff auf Machiavelli und seinen historischen, politischen und sozio-ökonomischen Kontext dient dabei als Bezugsrahmen, um das Konzept des Kosmopolitischen europäischen Empires besser zu verstehen und um seine zeit-, raum- und kulturunabhängigen Determinanten herauszuarbeiten. Die Analyse führt zu der Erkenntnis, dass Machiavelli eine zweistufige politische Utopie konstruierte, deren erste Stufe vom ordnungsbringenden Fürsten repräsentiert wird. Im Bezugsrahmen der utopischen Theorie betrachtet, besteht Machiavellis erste Stufe einerseits aus einer negativen und andererseits aus einer positiven Utopie, verkörpert durch seine Schriften Il Principe als negative Utopie und Das Leben des Castruccio Castracani als positive Utopie. Die zweite Stufe kann vor allem aus den Discorsi entnommen werden und entspricht einer freien Bürgergemeinde in Form einer Republik, die sich in der Vereinigung Italiens konkretisieren sollte. Das Kosmopolitische europäische Empire von Beck und Grande kombiniert die Wertschätzung von Differenz und Andersartigkeit mit den Bemühungen, neue demokratische Formen der politischen Herrschaft jenseits der Nationalstaaten zu konzipieren. Das Festhalten der europäischen Staaten an den eingefahrenen Nationalismen zeigt deutlich, dass dieses gesellschaftsordnende Konzept derzeit lediglich als utopische Theorie besteht und noch nicht in der Praxis umgesetzt ist. So wie Machiavelli mit den alten Begriffen zur Beschreibung der veränderten politischen Gegebenheiten in der Renaissance nicht mehr das Auslangen fand und mit seinem Begriff des stato unseren modernen Staatsbegriff vorwegnahm, erkennen Beck und Grande, dass die herkömmlichen Begriffe für das heutige Europa zu kurz greifen und erfinden den Begriff des Kosmopolitischen Empires neu. Aus ideengeschichtlicher Perspektive wird in dieser Arbeit ein Kreis geschlossen, indem aufgezeigt wird, dass Beck und Grande den von Machiavelli geprägten Staatsbegriff dekonstruieren und einen neuen Begriff, den des Empires, konstruieren. Sowohl das Konzept Machiavellis der republica perfetta als auch das Kosmopolitischen europäischen Empires von Beck und Grande können als politische Utopie bezeichnet werden. Eine in sich geschlossene Staatstheorie darf allerdings von beiden nicht erwartet werden. Die Utopien der republica perfetta und des Kosmopolitischen europäischen Empires werden zum Gedankenlabor, in dem bestehende Restriktionen der üblichen Begrifflichkeit ignoriert werden und stellen so das volle Spektrum aller denkbaren Handlungschancen wieder her. Dadurch eröffnen die Konzepte neue Chancen, indem die momentan existierenden, realpolitischen Eingrenzungen überschritten werden. Das ergibt die Möglichkeit, auf neue politische Herausforderungen mit neuen institutionellen Antworten aufzuwarten, und es erlaubt, sich neue, vielleicht noch nie dagewesene menschlich-gesellschaftliche Einrichtungen auszudenken.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Utopie Machiavelli Kosmopolitismus Nationalstaat
Autor*innen
Andreas Berger
Haupttitel (Deutsch)
Die "republica perfetta" des Niccolò Machiavelli als Bezugsrahmen für das "Kosmopolitische europäische Empire"
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine kritische Analyse des Nationalstaates als organisierendes Prinzip europäischer Politik
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
308 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Peter Gerlich ,
Johann Dvorák
Klassifikation
89 Politologie > 89.05 Politische Theorie
AC Nummer
AC08055544
Utheses ID
8001
Studienkennzahl
UA | 092 | 300 | |
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