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Populärer Film und der "Kampf gegen Schmutz und Schund"
Filmrezeption in Österreich zwischen Kontrolle, Identitätsfindung und Bildungsbemühen (1946 - 1970)
Edith Roswitha Blaschitz
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Frank Stern
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.8934
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29523.81765.753053-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Als offensichtliche Repräsentationen der Moderne werden populäre Medien – Romanhefte, illustrierte Zeitschriften und vor allem der Film – seit Beginn des 20. Jahrhunderts als „Schmutz und Schund“ stigmatisiert. In Österreich erreichen die Maßnahmen gegen „Schmutz und Schund“ nach 1945 ihren Höhepunkt. Der „Kampf gegen Schmutz und Schund“ wird in den ersten Nachkriegsjahrzehnten zur „res publica“ erklärt und der Versuch unternommen, über legistische Regelungen bzw. pädagogische Maßnahmen gegen den Konsum von populären Medien vorzugehen. Als besondere Gefahr, die das Volk in den (kulturellen) Niederganges führen kann, wurde die zunehmend präsente visuelle Kultur gesehen. Während man (bewegte) Bilder im streng reglementierten Bildungskontext ak¬zeptierte, erfuhren Unterhaltungsfilme strikte Ablehnung. Sie wurden beschuldigt, vor allem Jugendliche zu unmoralischen oder kriminellen Handlungen zu verleiten. Führend engagiert im Filmbereich war die katholische Kirche, die den Film als „machtvollstes“ Medium ansah. Im „Kampf gegen Schmutz und Schund“ wurde im Filmbereich zunächst auf Zensur, die ge¬sellschaftlich durchaus toleriert war, zurückgegriffen. Nach richtungsweisenden Urteilen des Verfassungsgerichtshofes 1949 und 1961 war jedoch Erwachsenenzensur nicht mehr möglich, und die Autoritäten beschränkten sich auf Filmverbote im Rahmen des Jugendschutzes. Diese indirekte Form von Zensur kann als kommunikativer Prozess zur Lenkung gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen werden: Als Mittel zur kulturellen Sinn- und Identitätsstiftung, d.h. einer vorgegebenen Orientierung, die das „Richtige“ und das „Falsche“ benennt. Der „Kampf gegen Schmutz und Schund“ verdeutlicht die Bemühungen um Lösung einer krisenhaften Situation, wie sie sich nach 1945 in Österreich darbot. In einer Zeit des Entstehens neuer gesellschaftlicher Konstellationen und Machtverhältnisse stellt die Bekämpfung von „Verun¬reinigung“ den Versuch bildungsbürgerlicher bzw. katholischer Kreise dar, über Kontrolle bzw. eine Pädagogisierung des Lebens, die Gesellschaft nach ihrem „Geschmack“, d.h. ihren rückwärtsgewandten Werten, Vorstellungen von Sexualmoral und Arbeitsethik zu formen. Geprägt vom Massendiskurs, dem Scheitern der Ersten Republik, vom Erleben der NS-Zeit und des Kommunismus, d.h. aufgrund fehlenden Vertrauens in demokratische Prozesse, hiel¬ten Bildungskreise das österreichische Volk nicht für befähigt, ohne staatliche Intervention auch in private Bereiche ein funktionierendes Gemeinwesen aufzubauen. Gewalt, Sexualität und Realitätsflucht, als die Themen identifiziert, die dazu verführen, sich über gesellschaft¬liche Normen hinwegzusetzen, stehen auch nach 1945 im Zentrum der Auseinandersetzungen.
Abstract
(Englisch)
From the beginning of the 20th century popular media, such as magazines, dime novels or, in the first instance, films, who all represent Modernity, are often stigmatized as “Schmutz und Schund” (“trash and dirt”). In Austria the actions taken against this “trash and dirt” hit their peak in the first decades after the end of World War II, where the battle against the above-mentioned media became an issue of public interest, both legal and pedagogic actions were taken. The increasing presence of the new visual culture was considered the biggest danger that could cause a decline of culture. (Motion) pictures were accepted if necessary to fulfill a pedagogic goal, whereas entertainment films were categorically refused, because they would incite young people to criminal or immoral activities. It was the Catholic Church to consider films the most post powerful medium and was therefore its biggest critic. Films were subject to censorship, which was thoroughly accepted by society. After sentences pronounced by the Austrian Constitutional Court in 1949 and 1961 it was not more possible to censor films arbitrarily, censorship could take place only in terms of protection of minors. This kind of censorship was used both as a pedagogical instrument to teach society what is “right” and what is “wrong” and as an instrument of shaping a cultural identity. The battle a-gainst the abovementioned “trash and dirt” makes clear how hard the Austrian society tried to deal with the effects of crisis after World War II. In a time where the power structure within the society was regrouped the battle against the new media shows that Austrian middle classes wanted to build its new society based on its control and educationalization, teaching very tra-ditional values that regarded sexuality and work ethic in the first place. After all the experien-ces made in the time of National Socialism and communistic regimes Austrian middle classes lost their faith in democracy and was therefore not expected to be able to develop a “public spirit” without the intervention of the government. Violence, sexuality and escapism are con-sidered even after 1945 the main reasons for people to defy societal norms.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Austrian history 1945 - 1970 Schmutz and Schund (dirt and trash) popular media cinema cenorship education
Schlagwörter
(Deutsch)
Österreichische Geschichte 1945 - 1970 Schmutz und Schund populärer Film populäre Medien Zensur Bildung
Autor*innen
Edith Roswitha Blaschitz
Haupttitel (Deutsch)
Populärer Film und der "Kampf gegen Schmutz und Schund"
Hauptuntertitel (Deutsch)
Filmrezeption in Österreich zwischen Kontrolle, Identitätsfindung und Bildungsbemühen (1946 - 1970)
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
377 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Frank Stern ,
Franz Eder
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte ,
24 Theater > 24.32 Filmgeschichte
AC Nummer
AC08062461
Utheses ID
8055
Studienkennzahl
UA | 092 | 312 | |
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