Detailansicht
Von Kajakmenschen und toxic dreams
Dinge im Inszenierungsprozess und Objekt-Mensch-Verhältnisse auf der Bühne
Noemi Baumblatt
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Brigitte Marschall
DOI
10.25365/thesis.9189
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29429.46826.331859-8
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
In der zeitgenössischen Theaterpraxis an der Schnittstelle zu Performance und Tanz ist eine
Zunahme der Bedeutung von Dingen auf der Bühne zu beobachten. Sie nähern sich den im
Objekttheater als Hauptdarstellern auftretenden Objekten an und passen in die Schublade
Requisiten nicht mehr hinein. Die Auslotung des vorhandenen begrifflichen
Instrumentariums gibt gleichzeitig einen Überblick über die theoretischen Konzeptionen von
Objekten im Theater, von der Prager Schule bis zum Objekttheater.
Wie Dinge den Inszenierungsprozess und auch das Spiel der DarstellerInnen mitbestimmen
und mitgestalten, untersucht die vorliegende Diplomarbeit am Beispiel des Musicals De
Lady in de Tutti Frutti Hat (2006) der Wiener Theater-/Performance-Gruppe toxic dreams.
Das bisherige Schaffen dieser 1997 von Kornelia Kilga und Yosi Wanunu gegründeten
Formation wird hier erstmals dokumentiert. Die von toxic dreams geprägte Theatersprache
und -ästhetik steht in der Tradition des amerikanischen Avantgardetheaters, als wichtige
Koordinaten sind Richard Foremans Ontological-Hysteric Theater und die Wooster Group
zu nennen. Wesentlich für das Verständnis der Arbeit von toxic dreams ist ihr Denken in
langfristig angelegten Themenzyklen. Das Prinzip der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der
theatralen Mittel gewährt auch den Dingen auf der Bühne ein großes Wirkungsspektrum.
Auf der Basis einer umfassenden empirischen Untersuchung wird eine prozessorientierte
produktionsästhetische Inszenierungsanalyse von De Lady erarbeitet und die Rolle der Dinge
darin beleuchtet. Ein Schwerpunktthema bildet die Entstehung des Stücks. Die
techniksoziologische Akteur-Netzwerk-Theorie versteht Dinge als handelnde Akteure.
Indem aus dieser theoretischen Perspektive der Probenprozess von De Lady betrachtet wird,
zeigt sich, dass viele Ideen und Entscheidungen von den spezifischen Eigenschaften der
Dinge oder, allgemeiner gefasst, der materiellen Aktanten beeinflusst oder gar verursacht
wurden. Ebenso wie die großen Bühnenobjekte haben sich Dinge, die ursprünglich als
Probenhilfen für die DarstellerInnen eingesetzt wurden, und Materialien in den Prozess und
die Struktur des Stücks eingeschrieben. Auf diesem Weg sind sie auch an der
Bedeutungsproduktion maßgeblich beteiligt. Einen weiteren Fokus bilden die Rolle der
Objekte in der Aufführung von De Lady und die Strategien der DarstellerInnen im Umgang
mit ihnen. Gerade über ihre Widerständigkeit, so zeigt sich in der Analyse, verlangten die
Objekte den PerformerInnen Präsenz ab und generierten Spannung.
Die Dinge im Theater werden zu Mitspielern, in der Aufführung wie im Prozess, und es
bedarf sowohl in der Praxis als auch in der Theorie neuer Denkansätze, um dieser
Entwicklung gerecht zu werden. Als Suche danach ist die vorliegende Arbeit zu verstehen.
Abstract
(Englisch)
In contemporary performance practice props are gaining importance on the stage: They
approach the role that objects play in object theatre as the main actors. Through examining
existing terminology an overview of the theoretical concepts of objects in the theatre is
given, ranging from the Prague school scholars to the object theatre approach.
The way objects participate in shaping the theatrical production and the actions of the
performers, will be investigated through an analysis of the musical production De Lady in de
Tutti Frutti Hat (2006) by the Viennese theatre company toxic dreams. Founded in 1997 by
Kornelia Kilga and Yosi Wanunu, toxic dreams developed their own specific theatre
language and aesthetics, influenced by the tradition of the American Avantgarde theatre,
such as Richard Foreman and The Wooster Group. This thesis documents the work of toxic
dreams and then explores De Lady in more depth, applying a process orientated performance
analysis based on an empirical survey.
One part of this study focuses on the conception and rehearsal phase of the piece. Borrowed
from the discipline of science studies, the actor-network theory sees objects as actors. From
this perspective it is shown, that a lot of the ideas and decisions transforming the process of
De Lady had been influenced, triggered or even caused by the specific qualities of the
participating material actants. They are thus actively engaged in the creative agency and the
production of meaning.
Another focus of the investigation considers the role of the objects during the performance
and the strategies of the actors interacting with them. The analysis shows that precisely
through their resistance the objects help the performers to maintain their stage presence.
The objetcs on stage are thus becoming active partners, and it is necessary, both in the fields
of theory and practice, to find new concepts to take into acount this current development.
This thesis proposes some initial thoughts to stimulate further investigation in this area.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Bühnenbild Inszenierungsprozess Proben Objekte Requisiten Akteur-Netzwerk-Theorie toxic dreams zeitgenössisches Theater Performance
Autor*innen
Noemi Baumblatt
Haupttitel (Deutsch)
Von Kajakmenschen und toxic dreams
Hauptuntertitel (Deutsch)
Dinge im Inszenierungsprozess und Objekt-Mensch-Verhältnisse auf der Bühne
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
210 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Brigitte Marschall
Klassifikation
24 Theater > 24.03 Theorie und Ästhetik des Theaters
AC Nummer
AC08132319
Utheses ID
8286
Studienkennzahl
UA | 317 | | |