Detailansicht

Cues and signals used for orientation and communication in the superorganismic meliponine bees (Hymenoptera, Apidae, Meliponini)
Dirk-Louis Schorkopf
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Betreuer*in
Friedrich Barth
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29991.19362.484465-9
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Dissertation befasst sich vordergründig mit den zwei folgenden Fragen: 1) Welche Signale4 und Hinweisreize 5 (kurz: Hinweise6) werden bei den superorganismisch7 organisierten Meliponen (Staaten ‐ bildende Bienenarten, die weltweit in den Tropen vorkommen8) zur und während der Verteidigung ihrer Kolonien genützt (Kapitel II)? 2) Welche Signale und Hinweise begleiten und ermöglichen die Mobilisierung, Koordination und Orientierung von Arbeiterinnen der Meliponenstaaten zur effizienten Nutzung von Ressourcen (Kapitel III bis V)? Die über 400 Meliponenarten sind vor allem als Bestäuber und Blütenbesucher der weltweiten Tropen bedeutsam. Ihre im Aussehen und Verhalten recht unterschiedlichen Gattungen und Arten (siehe Kapitel I und Roubik 1989) stellen außerdem ideale Versuchsobjekte zum besseren Verständnis von tropenbiologisch relevanten Fragestellungen dar (siehe Roubik 1989). Während Nektar‐ und Pollensammeltätigkeit beziehungsweise daraus resultierende getrennte Honig‐ und Pollenvorräte auch bei den verwandten Honigbienen (Apis sp.) und Hummeln (z.B. Bombus sp.) vorkommen, zeichnen sich Meliponen ausserdem durch das zusätzliche Vorkommen fleisch‐konsumierender (z. B. Trigona hypogea) und kleptoparasitischer Arten (z. B. Gattung Lestrimellitta) aus, die zur Vielfalt der faszinierenden Überlebensstrategien bei Meliponen beitragen. Defensives und aggressives Verhalten Im Kapitel II werden Signale und Hinweisreize identifiziert, die defensives und aggressives Verhalten bei Meliponen auf intra‐ und intersuperorganismischer, sowie intra‐ und interspezifischer Ebene ermöglichen. Zur Untersuchung wurden zwei Arten gewählt, die bereits in der Vergangenheit zu ähnlichen Fragestellungen herangezogen worden sind: Trigona spinipes Fabricius 1793 und Scaptotrigona aff. depilis9 (Artgruppe: S. depilis Moure 1942), welche sympatrisch in neotropischen Habitaten vorkommen. Mandibeldrüsensekrete bei Arbeiterinnen enthielten u.a. 2‐Heptanol und 2‐ Nonanol (siehe Tabelle 1 in Kapitel II), die aggressives und defensives Verhalten auslösten. Verhaltenstests zeigten (siehe Appendix von Kapitel II), dass während auffälliger Annäherung an Meliponennester und der darauf folgenden Nestverteidigung dunkle Flächen angeflogen und auch verstärkt gegenüber hellen Flächen angegriffen werden10. Die oben genannten Pheromone stellten sich außerdem auch als geeignete Allelochemikalien11 heraus, da Mandibeldrüsenextrakte beider Arten zur Auslösung defensiver Verhaltensweisen an Futterquellen und Nesteingängen sowohl der einen wie anderen Art führten. Die Mandibeldrüsensekrete sind demnach zur intra‐ und intersuperorganismischer beziehungsweise intra‐ und interkolonialer Kommunikation auf intra‐ und interspezifischer Ebene geeignet. Die Mandibeldrüsensekrete der untersuchten Arten zeigten niemals anlockende Wirkung, weder an der Futterquelle, noch am Weg zwischen Nest und Futterquelle. Vielmehr lösten Mandibeldrüsensekrete in den genannten Situationen stets defensives und aggressives Verhalten aus. Deshalb kann nun, zusammen mit den davor erhobenen und wichtigen Erkenntnissen von Stefan Jarau und Kollegen (Jarau 2003, Jarau et al. 2004, Jarau et al. 2006) mit guter Sicherheit der fast fünfzig Jahre lang bestehende Irrtum (siehe Kapitel II), Meliponen nützten Mandibeldrüsensekrete zur Duftpfadlegung, ausgeschlos‐sen werden. Speichel als Spurpheromonträger Dass die Absetzung attraktiver und zu Futterquellen hinführender Duftmarken bei Meliponen vor allem durch Speichel der Arbeiterinnen gewährleistet wird, zeigten Untersuchungen an T. spinipes (siehe Kapitel III): Extrakte (Pentan als Lösungsmittel) der speichelbildenden Labialdrüsen enthielten vor allem eine Hauptsubstanz: Octylsäure‐octylester (~ 74% der unpolaren und volatilen Anteile bei gaschromatografischen Analysen; siehe auch Kapitel III). Dieser Ester ließ sich weder in den Mandibeldrüsen, noch in den Hypopharynxdrüsen nachweisen. Wohl aber wurde Octylsäure‐octylester auf künstlichen Futterquellen gefunden, die davor häufig von Arbeiterinnen besucht und chemisch markiert wurden. Mittels Auftragen von Octylsäureoctylester an zuvor unbesuchten und unbedufteten Substraten und Futterquellen konnte erfolgreich Duftspurfolgeverhalten zu diesen ausgelöst werden. Neulinge flogen gleichzeitig angebotene Futterquellen zu gleichen Anteilen an, wenn eine von ihnen mit Labialdrüsenextrakt, die andere mit gleichen Anteilen an künstlichem Octylsäureoctylester beduftet wurden. Daraus kann geschlossen werden, dass Octyl‐octanoat ein Einzelkomponentenpheromon bei T. spinipes Arbeiterinnen darstellt. Jedenfalls handelt es sich mit großer Sicherheit um die mit Abstand wichtigste Komponente des Duftspurpheromons der letztgenannten Art. Diese Eigenschaft und die Tatsache, dass T. spinipes eine häufig vorkommende Meliponenart darstellt, macht sie zu einem besonders geeigneten Studienobjekt zur Untersuchung von Duftspurpheromonfolgeverhalten bei tagaktiven und flugfähigen Insekten. Kommunikation und Orientierung mit Hilfe substratgebundener Duftpfade Das Anlegen von Duftpfaden (substratgebundene Duftspuren12 mit berücksichtigenswerter Länge in Richtung des für den Sender anzeigungswerten Zieles) zu Futterquellen bei flugfähigen Organismen scheint in der Natur äußerst selten vorzukommen. Bei Meliponen wurde ein solches Verhalten bei manchen Arten beobachtet, allen voran bei Arten der Gattung Scaptotrigona. Über fünfzig Jahre alte Versuche (Lindauer und Kerr 1958) stellen bis jetzt die wichtigsten Beobachtungen dar. Da während der damaligen Versuche an einem Teich Scaptotrigona ausschließlich dann Neulinge erfolgreich zu Ressourcen rekrutieren konnte, wenn Duftpfadlegung zwischen Nest und Ressource möglich war, wurde bis zu den nun vorliegenden Versuchen angenommen, dass diese Duftpfade für die Rekrutierung unverzichtbar sind (Alcock 2005). Diese Tatsache ist unter anderem deshalb von Bedeutung, weil angenommen wurde (Kerr 1969), dass der in den Neotropen beobachtete Artenreichtum der Gattung Scaptotrigona durch die oben genannte Umstände erklärt werden könnte. Jedes Duftpfadhindernis, wie z. B. Flüsse, würde demnach zur Artbildung durch geografische Isolation beitragen. Außerdem könnten ähnlich vom Nest isolierte Blütentrachten weniger effizient von einer Kolonie bestäubt werden. Die in der vorliegenden Arbeit präsentierten Versuchsdaten zeigen jedoch, dass solche oder ähnliche Einschränkungen weder für die duftpfadlegende Scaptotrigona noch für Trigona gelten: Sowohl S. aff. depilis und S. postica, als auch T. spinipes waren in der Lage, trotz fehlender Duftpfade erfolgreich Neulinge zu rekrutieren (Kapitel IV). Duftpfade erfüllen bei Meliponen dennoch eine Funktion: Sammlerinnen können durch Duftpfade einen Lenkungseffekt erzielen, indem sie die Wahrscheinlichkeit einer Rekrutierung zu einer durch einen Duftpfad angezeigten Futterquelle erhöhen, ohne aber die Rekrutierung zu duftpfadlosen Ressourcen zu verhindern. Die dazu angestellten Versuche (Kapitel IV) zeigten, dass bei gleichzeitiger Rekrutierung zu zwei verschiedenen Futterquellen diejenige stärker von Neulingen angeflogen wurde, zu der ein Duftpfad führte. Eine weitere Meliponenart13, die Duftspuren zu Futterquellen hinterlässt, ist Trigona recursa Smith 1863. Zu dieser Art konnten auf Versuchen basierende (Kapitel Va) Hinweise gefunden werden, dass sich ihre Duftspuren auf bisher wenig untersuchte Aspekte der Sammeltätigkeit auswirken könnten. So wurde stets zu jener von zwei gleichzeitig angebotenen Futterquellen stärker rekrutiert (Anzahl der Neulinge pro Zeit), welche bereits länger von Sammlerinnen einer Kolonie besucht wurden, auch wenn sie wesentlich weniger profitables Zuckerwasser enthielten. Bei gleichzeitigem Sammel‐ und Rekrutierungsbeginn wurde, wie man allgemein erwarten würde, stärker zur profitableren Futterquelle rekrutiert. T. recursa scheint demnach, ähnlich den duftspurlegenden Ameisen, durch ihren Rekrutierungs‐ und Kommunikationsmechanismus mittels Duftspuren geprägt und in gewisser Hinsicht in der Flexibilität ihrer Entscheidungen bezüglich des bevorzugten Rekrutierungsortes auf Kolonie‐ beziehungsweise Superorganismusebene eingeschränkt. Die bisher bestehende Literatur stimmt mit der oben ausgeführten Hypothese überein: Eine von Biesmeijer und Ermers (1999) untersuchte Meliponenart (Melipona fasciata), die keine Duftpfade anlegt, sowie die als ebenfalls nicht duftpfadlegend bekannten Honigbienen (Apis mellifera) zeigten eine hohe Flexibilität in der Entscheidung über die Wahl verschieden profitabler Futterquellen: Anders als bei der dufptfadlegenden T. recursa wechselten Melipona fasciata und Apis mellifera stets zur jeweils profitableren Futterquelle, unabhängig von Sammeldauer und Sammelbeginn (Seeley 1997; Biesmeijer 1997; Biesmeijer und Ermers 1999). Der Schwerpunkt der nun vorgestellten Erkenntnisse liegt bei der intranidalen14 Rekrutierungskommunikation. Es geht um mögliche Hinweise und Signale im Nest. Jene Meliponen, die keine Duftpfade zu Futterquellen nutzen (z. B. Arten der Gattung Melipona, Nannotrigona) müssen dennoch mittels Signalen auf Ressourcen außerhalb des Nestes aufmerksam machen. Wie bereits bei Melipona15 gezeigt (Hrncir 2003, Hrncir 2004), könnte bei Nannotrigona die Futterqualität die Thoraxvibrationen während des Rekrutierungsverhaltens im Nest beeinflussen. Tatsächlich konnten ähnliche Änderungen im intranidalen Rekrutierungsverhaltensmuster wie bei Melipona aufgezeigt werden (Kapitel Vb). So stiegen mit der Profitabilität der Futterquelle die mit erfolgreicher Rekrutierung im Zusammenhang stehende Anzahl der Rempelkontakte sowie die Pulsdauer der Thoraxvibrationen während der Futterabgabe. Welche Sensorische Kanäle spielen bei der Rekrutierung von Arbeiterinnen bei Meliponen wirklich eine Rolle? Um diese Frage vollständig und stichfest beantworten zu können, fehlten und fehlen noch einige Untersuchungsschritte. So galt es herauszufinden, welche Anteile der während des Rekrutierungsverhaltens auftretenden Thoraxvibrationen tatsächlich von den Empfängern genutzt und als biologisch relevant eingestuft werden können (Kapitel Vc‐e). In der Literatur wurde bis vor kurzem nicht an die Möglichkeit gedacht, dass Bienen die Thoraxvibrationen über direkten Körperkontakt wahrnehmen und als Rekrutierungssignal auswerten könnten. Wie sich herausstellte (Kapitel Vc), werden Rekrutierungskandidatinnen bei Melipona von den rekrutierenden und futterspendenden Bienen während der Futterübergabe (Trophallaxis) in Vibrationen versetzt. Die Übertragung der Vibrationen über direkten Körperkontakt war wesentlich effektiver als über das Substrat zwischen den Bienen. So betrug die Geschwindigkeitsamplitude (mm/s) der am Thorax des Empfängers gemessenen Vibrationen bei direktem Körperkontakt im Durchschnitt immerhin noch etwas mehr als 12% des am Thorax des Senders gemessenen Wertes. Am Substrat zwischen Sender und Empfänger konnten dagegen im Durchschnitt nur mehr 0,5% der Geschwindigkeitsamplitude gemessen werden (Kapitel Vc). Neben der letztgenannten Signalübertragungsmöglichkeit durch Vibrationen könnte die Rekrutierungssignalempfängerin auch den durch die Vibrationen hervorgerufenen Luftschall nutzen. Da alle bisherigen Untersuchungen (Hrncir et al. 2006) darauf hindeuten, dass Bienen statt des Schallwechseldrucks die Schallschnelle wahrnehmen, musste erst eine entsprechende Meßmethode entwickelt werden. Die effiziente Messung der Schallschnelle (Kapitel Ve) gelang erst durch das Festhalten einer Biene (Kapitel Vd) mit Hilfe einer „Halsschlinge“ (Befestigung der Schlinge zwischen Kopf und Thorax). Die höchsten Schallschnelleamplituden wurden über den Flügeln in der vertikal orientierten (dorsoventrale Achse) Schwingungsrichtung gemessen (Amplitudenwerte um 16 mm/s; hier wie sonst: bei Messungen 5 mm Mindestabstand zur Biene). Horizontal um eine Biene herum wurden die höchsten Werte vor dem Bienenkopf gemessen (horizontale Schwingungsrichtung: 9 mm/s). Der Schallwechseldruck im Umfeld der Biene schwankte bei 5 mm Abstand zu Biene und Substrat zwischen 200 und 400 mPa (Kapitel Ve). Ein so genannter „jet airflow“16, der bei Apis mellifera in caudaler Richtung angenommen wird (Michelsen 2003), wurde bei Melipona scutellaris nicht gefunden (Kapitel Ve). Dies könnte mit der unterschiedlichen Stellung der Flügel, die während der Thoraxvibrationen bei Apis mellifera (Flügel leicht gespreizt; Michelsen 2003) und Melipona sp. (alle bisher untersuchten Arten hielten die Flügel meistens in geschlossener Ruhestellung) auftreten, zusammenhängen. Schließlich wurde das für die Schallperzeption relevante Verhalten von M. scutellaris Bienen während der Rekrutierung näher untersucht. Achtzig Prozent jener Bienen, die mit einer rekrutierenden Biene Trophallaxis durchführten, hielten einen Abstand unter 5mm zur rekrutierenden Biene. Vorausgesetzt, Melipona besitzt ein für Schallschnelle mindestens genauso sensibles Johnston’sches Organ wie Apis mellifera18, so sollten die Empfängerbienen den Schall noch bis zu einer Entfernung von etwa 2 cm wahrnehmen können.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
communication chemical ecology chemecology superorganism insect society pheromone allomones allelochemicals recruitment defense aggressive agonistic and defensive behaviour glands colony and species specifity pheromone path trail pheromone alarm pheromone cooperation mutualism tropical bees stingless honeybees
Schlagwörter
(Deutsch)
Kommunikation Chemökologie Superorganismus Insektenstaat Pheromone Rekrutierung Verteidigung aggressives agonistisches und defensives Verhalten Drüsen Kolonispezifität Artspezifität Pheromonpfad Spurpheromon Alarmpheromon Kooperation Mutualismus tropische Bienen Stachellose Honigbienen
Autor*innen
Dirk-Louis Schorkopf
Haupttitel (Englisch)
Cues and signals used for orientation and communication in the superorganismic meliponine bees (Hymenoptera, Apidae, Meliponini)
Paralleltitel (Deutsch)
Hinweisreize und Signale im Dienste der Orientierung und Kommunikation bei den superorganismischen Meliponen (Hymenoptera, Apidae, Meliponini)
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
216 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Claire Detrain ,
David Morgan
Klassifikation
42 Biologie > 42.63 Tierphysiologie
AC Nummer
AC08190327
Utheses ID
8388
Studienkennzahl
UA | 091 | 439 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1