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Josef von Sonnenfels "Über den Geschäftsstil"
Kontext der Entstehung und Rezeption
Gerald Leitzinger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Johann Sonnleitner
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.9365
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30015.14605.110361-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Diese Arbeit liefert eine grundlegende Analyse des Werkes „Über den Geschäftsstil“ von Josef von Sonnenfels aus verschiedenen Blickwinkeln. Als ersten Schritt sind aufgrund der geringen Bekanntheit des Autors einige Anmerkungen zu dessen Leben notwendig. Dabei wird an einem vermeintlich einfachen Fakt, wie dem Geburtsjahr Sonnenfels, die Problematik der fehlenden wissenschaftlichen Biographie und die damit auftretenden Schwierigkeiten sowie die komplizierte Quellenlage und die widersprüchlichen Angaben verschiedener Autoren erläutert. Danach folgt eine Zusammenfassung der Grundzüge seines Lebens inklusive der Auflistung der wichtigsten Werke. Nach diesem ersten Teil widmet sich das zweite Kapitel dem Umfeld der Textentstehung. Ein kurzer Abriss der politischen Gegebenheiten, die für die Entstehung des Werkes von einiger Bedeutung sind, wird von einem kurzen Blick auf die Ausbildung der Beamten und deren Veränderung im 18. Jahrhundert vervollständigt. Da es sich beim „Geschäftsstil“ um ein Lehrbuch zu einer Vorlesung handelt, ergeben sich dadurch einige Beobachtungen, die ein Verständnis des Textes etwas erleichtern. Als letzten Teil der Vorbemerkungen beschäftigt sich ein Abschnitt mit dem österreichischen Deutsch und der Ausbildung der Schriftsprache zur Zeit der Textentstehung, ein zentrales Thema für das Lehrwerk zur Verbesserung von Stil und Sprachrichtigkeit in den Geschäftsaufsätzen österreichischer Beamter. Das dritte Kapitel widmet sich endlich dem Text „Über den Geschäftsstil“. Nach einigen Worten zum Anlass der Textentstehung und den verschiedenen Ausgaben widmen sich die folgenden Seiten einer Beschreibung und Zusammenfassung des Textes. Grundlage dieses Schritts ist eine von mir in mühsamer Arbeit erstellte Volltextversion des Textes. Anhand des Inhaltsverzeichnisses wird auf die Zweiteilung des Werkes verwiesen. Der erste Teil beschäftigt sich mit einer groben Definition des Geschäftsstils und beschreibt wichtige Merkmale wie Sprachrichtigkeit, Kürze, Deutlichkeit und die Wahrung des Anstands. Der zweite und weitaus umfangreichere Teil ist eine Aufzählung aller bei Ämtern gebräuchlichen Textsorten, sortiert in 18 Punkten. Während im ersten Teil immer wieder kurze Passagen von Sonnenfels verbessert werden, finden sich im zweiten Teil zu jeder Textsorte einige musterhafte Beispiele. Kapitel vier nimmt schließlich die inhaltliche Analyse des „Geschäftsstils“ vor, die sich nur an einigen wenigen Anhaltspunkten orientieren kann. Als sprachliche Vorbilder dienen Sonnenfels vorwiegend die Texte römischer Autoren, höchste Autorität in stilistischen Fragen der deutschen Sprache ist Kaiser Josef II. Eine wichtige Instanz bei Fragen der Grammatik und Orthographie stellt Adelungs Wörterbuch dar. Der Text hat stark präskriptiven Charakter, vermittelt die Vorschriften Josef II. über die abgekürzte Form von Bittschriften und allen anderen Geschäftsaufsätzen und enthält für ein Lehrbuch typische Elemente wie Merksätze, Wiederholungen, Zusammenfassungen und beispielhafte Mustertexte. Das Werk richtet sich allgemein gegen die gängige Praxis, den umständlichen und langwierigen alten Kanzleistil. Es versucht diesen zu modernisieren, sprachliche Mängel auszumerzen und durch eine genaue Beachtung der formalen Grundlagen größere Uniformität sowie weitere Arbeitsersparnis zu schaffen. Sonnenfels hat den Nutzen für den Staat immer im Blickpunkt. Aus der Zusammenschau aller Ratschläge und der Korrektur der Beispiele ergibt sich die Beschreibung des Geschäftsstils. Dabei zerfallen die von Sonnenfels beschriebenen Merkmale in 2 große Gruppen: die Vorgaben bezüglich der Sprachrichtigkeit und die stilistisch-formalen Richtlinien. Beides zusammen ergeben die wichtigsten Merkmale des guten Stils in Geschäftsaufsätzen. In einem weiteren Schritt wird auf die nicht ganz so offensichtlichen Botschaften des Textes eingegangen. Eine inhaltliche Analyse der von Sonnenfels behandelten Beispiele zeigt, wie der Autor versucht in seinen Leser eine patriotische Begeisterung für den Staatsdienst zu wecken und sie zu fleißigen Beamten zu erziehen. Daneben spiegeln sich darin wichtige Veränderungen der Zeit, wie die Modernisierung der Monarchie, die Umsetzung der josefinischen Kirchenreform und das gestiegene Bewusstsein für soziale Fragen. In Fortsetzung des Abschnitts über die Merkmale des Stils werden die häufigsten schriftsprachlichen Fehler anderen österreichischen Werken dieser Zeit verglichen. Dabei zeigt sich eine grundlegende Übereinstimmung bei grammatikalischen Bereichen wie Flexion oder der Verwendung von Präpositionen. Diese Schwierigkeiten stammen einerseits aus der Diskrepanz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache, andererseits aus der veralteten österreichischen Schreibtradition. Es zeigt sich, dass Sonnenfels Anweisungen weit über Grammatik hinausgehen – sie sind formaler und vor allem stilistischer Natur. Als Adressat des Textes werden angehende und bereits im Dienst stehende Beamte identifiziert. Im fünften Kapitel wird die Aufnahme des „Geschäftsstil“ thematisiert. Dazu dient ein anonym herausgegebener Anhang, in dem sich zwei Rezensionen des Werkes finden. Beide Rezensenten kritisieren Sonnenfels Text scharf und werfen ihm, neben der übermäßigen Verwendung von Provinzialausdrücken, zu kurze Besprechung der Grundlagen im ersten Teil und zu ausführliche Beispiele im zweiten Teil vor. Weiters werden fehlende Bestrebungen, die unübersichtliche Vielzahl an Gattungen zu vereinfachen, und die unkritische Befolgung der Vorschriften des Kaisers bemängelt. Die österreichische Kanzleisprache wird von beiden Rezensenten abwertend betrachtet, auch wenn sie eine Verbesserung und damit einen Erfolg für Sonnenfels feststellen müssen. Zusätzlich werden dem Autor selbst gravierende sprachliche Defizite vorgeworfen. Sonnenfels verteidigt sich im Fall der Kritik in der Deutschen Literatur-Zeitung ausführlich und widerlegt mit großer Sorgfalt alle vermeintlichen Fehler mit Verweis auf das Wörterbuch Adelungs. Er wirft den Rezensenten Unkenntnis der Materie vor, gesteht aber selbst einige Druckfehler und die nicht ausreichende Kennzeichnung des Werkes als Lehrbuch zu einer Vorlesung ein. Gegenüber des Herausgebers der Deutschen Allgemeinen Bibliothek zeigt er sich von der schlechten Qualität der Rezension überrascht, die teilweise aus der Literatur-Zeitung abgeschrieben sein dürfte, und vermutet eine Auftragsarbeit im Sinne Nicolais. Auch der anonyme Herausgeber des Anhangs zerlegt diese Rezension mit zahlreichen Anmerkungen und lässt eine hämische Betrachtung der Sprache in deutschen Kanzleien folgen. Im sechsten Abschnitt wird der Versuch unternommen, die Bedeutung des Textes anhand von drei Aspekten zu bekräftigen: die Funktion in der österreichischen Beamtenbildung, die Auswirkungen auf das österreichischen Deutsch und die Verbindungen zur österreichischen Literatur. Zusammengefasst wird eine größere Gewichtung des Textes vorgenommen, was aufgrund der weiten Unkenntnis des Werkes und der damit einhergehenden Nichtberücksichtigung nicht verwundert. In einem allerletzten Teil wird der spekulative Versuch einer Anwendung vorgenommen: das Auffinden möglicher Spuren der Sonnenfels´schen Stilvorstellungen bei der Lektüre des Textes „Der Arme Spielmann“ von Franz Grillparzer misslingt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Sonnenfels Literatur Beamte Geschäftsstil Österreich
Autor*innen
Gerald Leitzinger
Haupttitel (Deutsch)
Josef von Sonnenfels "Über den Geschäftsstil"
Hauptuntertitel (Deutsch)
Kontext der Entstehung und Rezeption
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
87 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Johann Sonnleitner
Klassifikationen
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.22 Sprachlenkung, Sprachpolitik ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.62 Rhetorik, Stilistik
AC Nummer
AC07990297
Utheses ID
8444
Studienkennzahl
UA | 190 | 333 | 313 |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1