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Das sicherste Kernkraftwerk der Welt
Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld
Martin Kubalek
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Oliver Rathkolb
DOI
10.25365/thesis.9982
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29431.30720.484466-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kernspaltung als Lösung aller zukünftiger Energieprobleme angesehen. Sowohl im Westen als auch im Osten begann man mit dem Bau von Kernkraftwerken. Auch in Österreich begann man in den 1960er-Jahren mit der Planung für den Einstieg in die Kernenergie. Die Umsetzung erfolgte in den 1970er-Jahren mit dem Bau des Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld, etwas außerhalb der niederösterreichischen Gemeinde Zwentendorf an der Donau. In
Österreich begann sich vor allem in der Endphase des Baus ein Widerstand gegen die Kernenergie
zu formieren.
Die Bundesregierung entschied sich, über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf
eine Volksabstimmung abhalten zu lassen. Sie fand am 5. November 1978 statt, und ging mit
50,5% der Stimmen gegen die Kernenergie aus. Die Diskussionen hatten das Volk nicht
umgestimmt.
Die Debatte rund um die Kernenergie in Österreich fand ein starkes mediales Echo. Kurz vor der
Volksabstimmung gab es dazu zwei Diskussionsrunden im ORF, bei denen sowohl Befürworter als
auch Gegner der Kerntechnik zu Wort kamen. Die beherrschenden Themen waren die Sicherheit
sowie die Technik des Kernkraftwerks Zwentendorf.
Bei der Sendung mit den Gegnern war die Sicherheit das zentrale Thema. Vor allem der Schutz vor
einer Kernschmelze und einem GAU stand im Mittelpunkt des Interesses. Es stand die Frage im
Raum, ob Zwentendorf – es handelte sich um einen Siedewasserreaktor – technisch sicher genug
sei. Es wurde aber auch über Maßnahmen diskutiert, wie man das Kernkraftwerk sowie das
radioaktive Material vor Terrorismus schützen kann. Der Standort Zwentendorf selbst stand wegen
einer Vielzahl von Erdbeben im Bereich des Tullnerfelds von Gegnern der Kernenergie stark in der
Kritik. Am meisten wurde jedoch über die Wiederaufbereitung der abgebrannten Kernstäbe sowie
die Endlagerung des Atommülls diskutiert. Dabei wurden die Möglichkeiten und Gefahren einer
Endlagerung in geologischen Formationen sehr unterschiedlich bewertet.
Bei den Befürwortern ging es vor allem um die technischen Eigenschaften des Kernkraftwerks.
Dabei wurde vor allem der hohe Standard des Kernkraftwerks Zwentendorf hervorgehoben.
Außerdem wurde betont, dass man sich in der Kerntechnik immer auf die größten und schwersten
Unfallszenarien – so absurd sie auch scheinen – vorbereitet, und daher auf jede erdenkliche
Situation optimal vorbereitet ist. In Bezug auf die gesundheitlichen Risiken wurde vor allem auf
die Gefahren von anderen Methoden zur Stromerzeugung hingewiesen, ebenso wie auf die
Tatsache dass es noch keinen Todesfall im direkten Zusammenhang mit der Kernenergie gegeben hat. Die Gefahren der zusätzlichen Belastung des menschlichen Körpers durch radioaktive
Strahlung wurden unterschiedlich bewertet. Während die Befürworter von einer vernachlässigbar
geringen Zusatzbelastung sprachen, führten Gegner die extrem lange Dauer der radioaktiven
Strahlung an. So sei eine Gefährdung für mehrere Generationen gegeben.
Die Diskussionsrunden wurden im Abstand von wenigen Tagen aufgezeichnet. Trotzdem gab es
zwischen den beiden Seiten wenig Überschneidungspunkte.
Bemerkenswert ist, dass die Politik in den Diskussionen überhaupt keine Erwähnung gefunden hat.
Der amtierende Bundeskanzler der SPÖ, Bruno Kreisky, hatte bei einer negativen Entscheidung
persönliche Konsequenzen angekündigt. Dadurch gingen viele Anhänger der ÖVP, die zwar für die
Kernenergie, aber gegen Kreisky waren, nicht zur Wahl.
Ebenso wenig wurde die Widerstandsbewegung innerhalb von Österreich gegen die Kernenergie
erwähnt.
Nach dem negativen Volksentscheid wurde das Kernkraftwerk Zwentendorf konserviert und bis zur
Liquidierung im Jahr 1985 in Schuss gehalten.
Das vollständige Ende der Kernenergie in Österreich war die Katastrophe in Tschernobyl. Nach
diesem Reaktorunfall wurden alle Bestrebungen, doch noch durch Kernspaltung Elektrizität zu
erzeugen, fallen gelassen. Das Kernkraftwerk in Zwentendorf diente danach nur mehr als
Ersatzteillager und Schulungsreaktor für deutsche Schwesternkraftwerke.
Heute ist die gesamte Anlage im Besitz der EVN und erzeugt über eine Photovoltaikanlage
Ökostrom. Für die Zukunft ist angedacht, die bestehenden Genehmigungen sowie die vorhandene
Infrastruktur zum Betrieb eines Biomassekraftwerks zu verwenden.
Auch ohne Atomstrom gab es in Österreich keinen Energieengpass. Der Energieverbrauch stieg
nicht so stark wie erwartet und konnte durch konventionelle Methoden abgefangen werden. Die in
den 1970er-Jahren vorgeschlagenen Alternativen zur Kernenergie werden heute bereits vielfach
eingesetzt.
Abstract
(Englisch)
Nuclear fission was seen as the solution to all future energy problems in the years after the Second
World War. Therefore western countries as well as countries in the East started to build Nuclear
power plants. In the 1960’s also Austria initiated the planning of an atomic power station.
The implementation of this project followed in the 1970’s with the construction of a nuclear energy
plant in the Tullnerfeld region, in Zwentendorf in lower Austria. Especially in the final phase of
completing the building resistance against nuclear power arose in Austria.
The government decided to let the people choose, whether the power plant should go into operation
or not. The election took place on November 5th, 1978. The outcome was 50.5% against the
commissioning of Zwentendorf.
The discussion about atomic energy in Austria was accompanied by an information campaign of
the federal government as well as broadcasts on public television. Thereby not only supporters
were shown, but also opponents had the chance to get the word. Most of all issues concerning
safety, technology and impacts on health were discussed.
Opponents of nuclear power mainly focused on safety issues, especially the protection of a
meltdown or an ultimate worst-case scenario. Furthermore the technical safety of the boiling-water
reactor was questioned. Another topic was the defense against terrorism for both the power plant
and the nuclear material. The location at Zwentendorf itself was questioned due to a large amount
of earthquakes in this region. The most attention was given to the disposal of nuclear waste and the
reconditioning of the core rods. Also the pros and cons of final storage of nuclear waste in different
geological formation were discussed.
The supporters of nuclear power in Austria focused more on the technical properties such as the
high technical standard of the power plant in Zwentendorf. The nuclear power was shown to be
extremely safe and that every possible incident was thought of. Advocates pointed out that nuclear
power poses less risks to human health than any other energy sources. Special attention was given
to the fact that there has not been a single death connected with nuclear power so far.
The dangers of radiation were evaluated differently. The supporters underlined that nuclear power
plants meant an additional exposure to radiation which is so little – not even worth mentioning. The
objectors pointed out, that due to the long duration of radioactive half-value periods an exposure to
radiation would be given for many generations ahead.
Although the two controversies were broadcasted with only a few days in between them, the two
parties did not correspond to each other. It must be underlined that politics were not an issue at any
discussion. However the chancellor of the SPÖ, Bruno Kreisky, promised to bear personal
consequences in case of a negative election outcome . This pushed many supporters of the ÖVP,
who on the one hand were for nuclear power but on the other hand against Kreisky, to stay away
from the vote.
After the negative vote the nuclear power plant at Zwentendorf was conserved until it was
liquidated in 1985. All plans to establish nuclear power in Austria came to an ultimate end with the
disaster in Chernobyl. After this incident Zwentendorf’s only use was as a training center course
for German nuclear engineers and to provide spare parts for other nuclear power plants.
Today Zwentendorf belongs to the EVN and produces electricity with the help of photovoltaic. For
the future there are plans to build a biomass power plant there as well.
To conclude, there was no shortage of energy in Austria even without electricity generated by
nuclear power. The power consumption did not increased as much as expected and is supplied with
conventional methods. Most of the suggestions made in the 1970’s for alternative methods of
energy generation have been realized until today.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Kernenergie Kernkraftwerk Zwentendorf Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld Medien Österreich Geschichte
Autor*innen
Martin Kubalek
Haupttitel (Deutsch)
Das sicherste Kernkraftwerk der Welt
Hauptuntertitel (Deutsch)
Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
108 Bl. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Oliver Rathkolb
Klassifikation
15 Geschichte > 15.60 Schweiz, Österreich-Ungarn, Österreich
AC Nummer
AC08142055
Utheses ID
9007
Studienkennzahl
UA | 312 | | |