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Das neue Prüfungssystem im Medizincurriculum Wien
Promotor oder Hindernis für bedeutungsorientiertes Lernen?
Monika Himmelbauer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Brigitte Rollett
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.10053
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29523.32245.854469-5
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Einleitung und Fragestellung: Diese Forschungsarbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Lernorientierungen (Bedeutungs-, Leistungs- und Reproduktionsorientierung), erlebter Selbststeuerung im Lernen sowie Prüfungsleistungen in Multiple-Choice-Prüfungen bei Medizinstudierenden. Zahlreiche Studien belegen Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren, wobei jeweils in Abhängigkeit von studentischer Lernumgebung und curricularen Bedingungen unterschiedliche Befunde berichtet werden. Vielfach zeigt sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen Bedeutungsorientierung und Selbststeuerung im Lernen. Einen bedeutsamen Einfluss auf die Prüfungsleistung hat aber nur die Lernorientierung. Häufig ist Leistungsorientierung mit gutem Prüfungserfolg assoziiert, seltener die Bedeutungsorientierung. In einigen Studien zeigen sich sogar negative Korrelationen zwischen Bedeutungsorientierung und MC-Prüfungsleistung und positive Korrelationen zwischen Reproduktionsorientierung und MC-Prüfungsleistung. Aufbauend auf dem Learning Approach-Modell von Entwistle und Mitarbeitern (2000, 2002) soll geklärt werden, inwieweit Bedeutungs-, Leistungs- und Reproduktionsorientierung als einzelne Faktoren oder in Kombination miteinander positive bzw. negative Einflussgrößen für die erlebte Selbststeuerung im Lernen und für den Prüfungserfolg in Multiple-Choice-Prüfungen im neuen Medizincurriculum Wien (MCW) sind. Stichprobe und Methode: 58 Studierende im Probebetrieb des MCW, die sich freiwillig für das neue Curriculum entschieden haben, sowie 232 Studierende der ersten Kohorte im Vollbetrieb wurden mittels Fragebogen interviewt. Erfasst wurden die oben genannten Variablen mittels ASSIST (Approaches and Study Skills Inventory for Students) von Entwistle und Mitarbeitern (2000) sowie einem Selbststeuerungsinventar von Konrad (1996). Weiters wurde der Prüfungserfolg in den sechs Multiple-Choice-Gesamtprüfungen der sechs Studienjahre erhoben. Die Reliabilitäten der einzelnen Skalen sind durchwegs im mittleren bis guten Bereich und entsprechen den Original-fragebögen. Ergebnisse: In den beiden Kohorten zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. In der ersten Kohorte des Probebetriebes sind die meisten Parameter der Bedeutungsorientierung sowie eine hohe Leistungsmotivation signifikant positiv mit der erlebten Selbststeuerung im Lernen sowie mit dem Prüfungserfolg assoziiert, demgegenüber stehen die Parameter der Reproduktionsorientierung mit der erlebten Selbststeuerung und dem Prüfungserfolg in negativem Zusammenhang. Vergleichsweise hat die Bedeutungsorientierung in der ersten Kohorte des Vollbetriebes nur dann einen Einfluss, wenn sie in Kombination mit Leistungsorientierung berichtet wird. Wie ein Strukturgleichungsmodell zur Vorhersage der Prüfungsleistung im vierten Studienjahr demonstriert, hat nur die Leistungsorientierung als Einzelfaktor einen signifikanten Einfluss auf den Leistungserfolg. Eine Clusterzentrenanalyse gibt Aufschluss, dass es vier verschiedene Lernertypen gibt, die sich sowohl in der erlebten Selbststeuerung im Lernen als auch hinsichtlich des Prüfungserfolges signifikant unterscheiden. Die vier Lernertypen sind: Bedeutungsorientierter-strategischer Lerner (26%), Bedeutungsorientierter-unstrategischer Lerner (14%), Reproduktionsorientierter Lerner (31%) und Allroundlerner (30%). Studierende, die bedeutungsorientiert lernen, ohne leistungsorientiert zu sein (= bedeutungsorientierte-unstrategische Lerner), schneiden in allen sechs Prüfungsereignissen am schlechtesten ab. Studierende, die angeben, sowohl bedeutungs-, leistungs- als auch reproduktionsorientiert zu lernen (= Allroundlerner), erzielen in allen sechs Prüfungen die besten Ergebnisse. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Lernertypen weisen mit Ausnahme eines Prüfungsereignisses mittlere bis hohe Effektstärken auf. Die erlebte Selbststeuerung im Lernen wird von denen am stärksten erlebt, die über die höchste Bedeutungsorientierung berichten, unabhängig davon, wie leistungsorientiert sie sind. Diskussion und Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse demonstrieren, dass ein „Allroundlernstil“ der an die Bedingungen im neuen Medizincurriculum Wien am besten angepasste Lernstil ist. Das schlechte Abschneiden bedeutungsorientierter Lerner mit nur geringer Leistungsorientierung kann durch die Dissonanz dieses Lernstils erklärt werden. Üblicherweise geht Bedeutungsorientierung mit Leistungs-orientierung einher, wie eine Faktorenanalyse des ASSIST bestätigt. Die Studierenden mit diesem Lernstil könnte man als eine Sondergruppe ansehen, was auch durch den geringen relativen Anteil dieses Lernertyps an den Gesamtstudierenden bestätigt wird (14%). Auch Entwistle und Mitarbeiter (2000), Meyer (2000) sowie Hazel und Prosser (2002) berichten von Studierenden mit dissonanter Lernorientierung und deren problematischen Prüfungsleistungen. Dass die Leistungs-orientierung einen starken Einfluss auf die Prüfungsleistung hat, ist nicht verwunderlich, denn Studierende mit stark ausgeprägter Leistungsorientierung zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass ihr Ziel gute Leistungen sind. Die etwas unterschiedlichen Ergebnisse zwischen der Probekohorte und der ersten Kohorte im Vollbetrieb sind wahrscheinlich auf die unterschied-lichen curricularen Bedingungen zurückzuführen (beispielsweise kleine Probekohorte versus Massenbetrieb). Insgesamt legen die Befunde nahe, eine Lernberatung für Studierende anzubieten, um motivierte Studierende mit einer optimalen Lernorientierung auszubilden, sowie zusätzliche Prüfungsmethoden zu implementieren, um faire und valide Prüfungen zu gewährleisten.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Lernorientierung Prüfungsleistung Leistungsorientierung MC-Prüfungen Selbststeuerung
Autor*innen
Monika Himmelbauer
Haupttitel (Deutsch)
Das neue Prüfungssystem im Medizincurriculum Wien
Hauptuntertitel (Deutsch)
Promotor oder Hindernis für bedeutungsorientiertes Lernen?
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
120 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Brigitte Rollett ,
Michaela Wagner-Mengin
Klassifikationen
77 Psychologie > 77.04 Ausbildung, Beruf, Organisationen ,
77 Psychologie > 77.34 Lernpsychologie
AC Nummer
AC08182376
Utheses ID
9076
Studienkennzahl
UA | 091 | 298 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1