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Russische Opern nach Vorlagen von A.S. Puškin
Svenja Ingensand
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Alois Woldan
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.10155
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30447.61533.579559-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Puškins Werke von russischen Librettisten und Komponisten für die Oper bearbeitet und umgesetzt wurden, und ob bzw. wie weit diese Bearbeitungen, sowie die Auswahl des Stoffes im Zusammenhang mit der jeweiligen Epoche, bzw. dem geschichtlichen Hintergrund der jeweiligen Zeit steht. Beispielgebend wurden hierfür die folgenden drei Opern aus unterschiedlichen Epochen behandelt: Ruslan und L’udmila von Michail Glinka, der Zeitgenosse Puškins war, und dessen Oper 1842 uraufgeführt wurde. Pique Dame Petr Il’ič Čajkovskijs, dessen Oper 1890 Premiere hatte, und Mavra von Igor Stravinskij. Diese Oper entstand im französischen Exil und wurde 1922 uraufgeführt. Puškin nimmt in der russischen Oper eine Sonderstellung ein, da von keinem anderen Literaten so viele Werke vertont wurden, und der Dichter imaßgeblich zur Gestaltung der russischen Kultur beigetragen hat. Die Problematik bei der Untersuchung von Libretti besteht darin, dass die alte Streitfrage „Prima la musica, prima le parole“ aufgeworfen wird. Außerdem kommt der Leser oder Hörer in Versuchung, das Libretto mit dem literarischen Original, was die Qualität betrifft, zu vergleichen. Dies ist jedoch unzulässig, da die Oper über ganz eigene Regeln (Ausgleich von Männer- und Frauenstimmen ect.), Einschränkungen (kein Erzähler) und Möglichkeiten (mehrere Stimmen sprechen gleichzeitig) verfügt. Außerdem muss die Gattung des Ausgangstextes berücksichtigt werden, die bei der Umarbeitung entscheidend ist. Bei Poemen stellt sich eine besondere Herausforderung, wenn man sie in ein Libretto umsetzen will: Sie sind zwar bereits in rhythmischen Reimen verfasst, beinhalten aber selten mündliche Reden. Die Verarbeitung einer Povest‘ zur Oper scheint insofern einfacher, da ihr eine dramatische Handlung eigen ist. Doch fehlt bei einer Povest die rhytmisierte Sprache, die für eine Oper notwendig wäre. Glinka schrieb Ruslan und L’udmila aus Verehrung für Puškin, was damals ein großes Risiko darstellte, doch Glinka stellte sich ausdrücklich hinter den großen Dichter und dessen Ideen. Um seine Verbundenheit darzustellen übernahmen Glinka und seine Librettisten viele Zeilen des ursprünglichen Poems direkt aus Puškins Poem. Außerdem wurden in die ursprüngliche Version der Oper Texte von Puškin eingefügt, die von der Zensur gestrichen worden sind. Glinka gab damit ein eindeutiges politisches Statement ab, und wurde von der Zarenfamilie bestraft, indem sie der Premiere nicht einmal bis zum Ende beiwohnte. Die Pique Dame Čajkovskijs hingegen wurde aus einer ganz anderen Motivation heraus verfasst. Es war die kluge und äußerst zarentreue Politik des Theaterdirektors Vsevoloţskij, die Čajkovskij dazu veranlasste die Oper zu schreiben, obwohl er sich zunächst mit dem Stoff wenig anfreunden konnte. Den großen Dichter und Čajkovskij, den erklärten Liebling des Zaren, in einer Oper zu verbinden musste bei Hof gut ankommen und seine Vertonung wurde begeistert aufgenommen. So haben die Opern dazu gedient einmal Missvergnügen beim Zaren hervorzurufen, und ein Andermal wieder wurden sie eigens dazu geplant, dem Hof eine Freude zu machen. Čajkovskij baute die Povest‘ Puškins wesentlich freier um, als Glinka dies getan hatte, um die Povest‘ an die Gesetzmäßigkeiten der Oper, und seinen eigenen romantischen Geschmack anzupassen. Die polititschen Meinungen, die die ersten beiden Opern ausdrücken, wurden von Stravinskij nicht übernommen. Politsch in einer gänzlich anderen Zeit und in einem fremden Land (Frankreich) lebend, hatte er nicht den Wunsch Kritik am Regime zu üben, sondern vielmehr seine Verbundenheit zur Heimat auszudrücken. Er widmete sein Werk seinen großen Vorgängern Puškin, Čajkovskij und Glinka. In Mavra werden die wörtlichen Reden, die in Puškins Poem Domik v Kolomne enthalten sind großteils übernommen. Allerdings konnte Stravinskij nicht die lange, literaturtheoretische Einleitung Puškins in Musik umsetzen. Sein kurzer Einakter entspricht aber ansonsten genau der Handlung in Puškins Vorlage. Er blieb mit seiner Oper am nächsten an der literarischen Vorlage. Das kurze, scherzhafte Poem bietet Stoff genug, um daraus einen komischen Einakter zu machen, während die Länge und die Dramatik der anderen beiden Opern stärkere Eingriffe in Puškins Werk verlangten. Obwohl die Pique Dame am meisten von der Vorlage abweicht fängt sie doch die Stimmung der Povest’, trotz der stark erweiterten Liebesgeschichte, ein. Bei der Bearbeitung von Literatur für die Oper muss immer ein neues Werk entstehen, da durch die Musik der Hörer auf eine ganz andere Weise angeregt wird, als bei der bloßen Lektüre.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Oper Puskin Libretto
Autor*innen
Svenja Ingensand
Haupttitel (Deutsch)
Russische Opern nach Vorlagen von A.S. Puškin
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
113 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Alois Woldan
Klassifikationen
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.10 Sprache in Beziehung zu anderen Bereichen der Wissenschaft und Kultur ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.92 Vergleichende Literaturwissenschaft: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.93 Literarische Stoffe, literarische Motive, literarische Themen ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.94 Literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.96 Vergleichende Literaturwissenschaft: Sonstiges ,
18 Einzelne Sprachen und Literaturen > 18.53 Russische Literatur
AC Nummer
AC08167655
Utheses ID
9174
Studienkennzahl
UA | 243 | 361 | |
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