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Soziale Praktiken des Einwilligens
Informed Consent-Verfahren und biomedizinische Forschung im Krankenhauskontext
Milena Bister
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Ulrike Felt
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.10301
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29587.16784.275760-3
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Ablehnung technowissenschaftlicher Prozesse oder forschungspolitischer Regulationen steht häufig im Fokus sozialwissenschaftlicher Interpretationen. Im Gegensatz dazu wird die gesellschaftliche Zustimmung zu Wissenschaft und Forschung sowie deren politische Steuerung selten hinterfragt. Die vorliegende Arbeit stellt daher das Phänomen der Zustimmung ins Zentrum der Analyse. Anhand einer qualitativ-interpretativen Fallstudie, die Informed Consent (IC)-Verfahren zur Überlassung operativ entfernten Hautgewebes für biomedizinische Forschungszwecke in einem österreichischen Universitätskrankenhaus beleuchtet, werden soziale Praktiken des Einwilligens an der Schnittstelle von Klinik und Forschung untersucht und ihre Implikationen diskutiert. Den empirischen Kern der Studie bilden 24 Beobachtungen von IC-Verfahren zwischen einer medizinischen Forscherin und stationär aufgenommenen Patientinnen sowie 19 im Anschluss daran durchgeführte qualitative Interviews mit den Patientinnen. Die Beobachtungsprotokolle wurden mittels des Kodierparadigmas der Grounded Theory nach Strauss und Corbin (1996 [1990]) analysiert. Die Auswertung der Interviews erfolgte in einem qualitativ-inhaltsanalytischen Verfahren durch eine induktive Kategorienbildung nach Mayring (1997). Der theoretische Rahmen der Arbeit beruht auf Foucaultschen Perspektiven zu Gouvernementalität, Biopolitik und Biomedikalisierung sowie auf Arbeiten aus der Wissenssoziologie und Wissenschaftsforschung, die sich mit Formen und Funktionen gesellschaftlichen Nicht/Wissens beschäftigen. Darüber hinaus stelle ich eine Auswahl qualitativer Studien vor, die sich im europäischen Kontext mit IC-Verfahren hinsichtlich Operationen, Arzneimittelstudien sowie Biobanken befassen. Hauptresultat der Auseinandersetzung mit der Überlassung von Gewebe für biomedizinische Forschung im Krankenhauskontext bildet die Erkenntnis, dass Patientinnen in der direkten Interaktion mit der medizinischen Forscherin das IC-Verfahren als Bitte der Forscherin bzw. des Krankenhauses wahrnehmen. Im konkreten sozialen Kontext kommt es auf Seiten der Patientinnen im IC-Prozess daher kaum zu einer Entscheidungssituation zwischen Zustimmung oder Ablehnung. Vielmehr kennzeichnet eine allgemeine Kooperationsbereitschaft mit dem medizinischen Personal den Tag vor der Operation, an dem auch das IC-Verfahren durchgeführt wird. Patientinnen wollen demgemäß die unmittelbare Interaktion mit der Forscherin positiv abschließen und sie bzw. den Forschungsauftrag des Krankenhauses nach Möglichkeit unterstützen. Die erforschten sozialen Praktiken des Einwilligens weisen signifikante Abweichungen vom bioethischen Diskurs des „informierten Entscheidens“ auf, der eine individuelle Entscheidungsfreiheit „für oder gegen“ eine Teilnahme in medizinischen Projekten postuliert. Die aufgezeigte Diskrepanz zwischen IC-Theorie und IC-Praxis ermöglicht einerseits, die politische Regulierung biomedizinischer Forschung kritisch zu beleuchten, sowie andererseits, den IC-Prozess als potentiellen Ort einer Neuorientierung von Individuum und Gesellschaft zu betrachten.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Informed Consent Biomedical Research Tissue Donation Social Interaction
Schlagwörter
(Deutsch)
Informed Consent-Verfahren Biomedizinische Forschung Gewebespende Soziale Interaktion
Autor*innen
Milena Bister
Haupttitel (Deutsch)
Soziale Praktiken des Einwilligens
Hauptuntertitel (Deutsch)
Informed Consent-Verfahren und biomedizinische Forschung im Krankenhauskontext
Paralleltitel (Englisch)
Social practices of giving consent ; informed consent and biomedical research in the clinical context
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
220 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Ulrike Felt ,
Rudolf Forster
Klassifikationen
44 Medizin > 44.04 Ausbildung, Beruf, Organisationen ,
44 Medizin > 44.06 Medizinsoziologie ,
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.99 Sozialwissenschaften allgemein: Sonstiges ,
71 Soziologie > 71.99 Soziologie: Sonstiges
AC Nummer
AC08148090
Utheses ID
9302
Studienkennzahl
UA | 092 | 122 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1