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Europäische Klimapolitik im Kontext ökonomischer und ökologischer Interessensvertretung
die EU am Gängelband der Industrie oder ambitionierte Vorreiterin?
Florian Kozak
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Gernot Stimmer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.10329
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30269.71901.136564-9
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Vorliegende Arbeit untersucht die Klimapolitik der Europäischen Union, unter dem Gesichtspunkt des Einflusses ökonomischer und ökologischer Interessensgruppen, seit Beginn der Entstehung eines weltweiten Klimaregimes in den frühen 90er Jahren. Dabei kann zwischen zwei Ebenen unterschieden werden. Einerseits verpflichtet sich die Union im Rahmen der globalen UN-Verhandlungen zu mittel- bis langfristigen Emissionsreduktions-Zielen, andererseits müssen selbige durch inner-europäische Maßnahmen umgesetzt werden. Die applizierte Forschungsperspektive, Rational Choice, unterstellt allen politischen und lobbyierenden Akteuren rationales Handeln im Bezug auf die Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen. In einer ersten Annäherung werden die handelnden Institutionen und Verbände identifiziert. Demnach sind ausschließlich die europäischen Nationalstaaten, in Form des Europäischen Rats bzw. des Rats der EU, für die Verhandlung und interne Lastenaufteilung der im globalen Rahmen vertretenen EU-Ziele verantwortlich. Betreffend der inner-europäischen Maßnahmensetzung sind selbige ebenfalls die wesentlich entscheidenden Akteure. So dem Europäische Parlament eine Rolle im Mitentscheidungsverfahren vertragsrechtlich zusteht, ist dieses gleichberechtigter Gesetzgeber neben dem Rat der EU. Die Kommission ist für die Initiierung von Rechtssetzungsvorhaben, sowie für die formelle und informelle Konsultierung der Interessensverbände zuständig. Letztere sind auf europäischer Ebene hochgradig organisiert und zumeist in Form eines Dachverbandes, bestehend aus nationalen Gruppen, tätig. Auf der einen Seite stehen die größten Verbände der Industrie und Wirtschaft: Business Europe, vormals UNICE, als Dachverband der energieintensiven und energieproduzierenden Industrie; European Round Table of Industrialists (ERT), European Petroleum Industry Association (EUROPIA), European Automobile Manufacturers Association (ACEA); Auf der anderen Seite formieren sich Umweltschutz-NGOs – allen voran Greenpeace, Friends of the Earth (FoE), World Wide Fund for Nature (WWF). Selbige kooperieren hinsichtlich europäischer Klimapolitik im Rahmen des Climate Action Networks Europe (CANE). In einem zweiten Analyse-Schritt werden – auf Basis von Experten-Interviews mit Vertretern der Industrie und Umweltorganisationen, Positionspapieren und anderweitigen Dokumenten, bzw. mithilfe des Advocacy Coalition Framework-Ansatzes von Sabatier – die Eigen- und Kerninteressen, Grundeinstellungen, Positionen, rationalen Strategie- und Positionsadaptier-ungen der politischen und lobbyierenden Akteure im Subsystem europäischer Klimapolitik, die Herausbildung etwaiger Akteurs-Koalitionen, sowie die extern einwirkenden Faktoren untersucht. Diese Analyse ergibt, dass alle Institutionen und Verbände – hauptsächlich aufgrund der massiven Veränderung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, sozio-ökonomischer Umstände, des technologischen Fortschritts und der veröffentlichten und öffentlichen Meinung – einen veritablen Wandel ihrer Einstellungen, Positionen und Strategien durchlaufen. Hinsichtlich der Konstituierung von Interessenskoalitionen ergibt sich folgendes Bild: Die Kommission nimmt die Rolle einer Moderatorin zwischen den widerstrebenden Interessen der Umwelt- und Industrieverbände ein. Das Parlament hat sich über die Jahre ein klares „grünes“ Profil erarbeitet und steht auf Seiten der Umweltorganisationen. Einzelne klimapolitische Nachzügler-Staaten verbreitern die Allianz wirtschaftlicher Gruppen, wohingegen ökologische Muster-Länder jene der NGOs unterstützen. Letztere erhalten auch Rückendeckung zunehmend einflussreicher und progressiver Wirtschaftsverbände, beispielsweise aus dem Bereich der Windenergie, welche von einer ambitionierten Klimapolitik der Union profitieren. Die analysierten Koalitions-Konstellationen lassen jedoch keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Einfluss der Interessensgruppen und den Grad der Ambitioniertheit europäischer Klimapolitik, zu. Aufschlussreicher ist hingegen die Untersuchung einzelner Fallbeispiele, welche im Besondern Maße für die Betroffenheit der Industrie stehen und auch ein entsprechend großes Potential hinsichtlich des Emissions-Impacts haben. Die Meilensteine globaler Klimapolitik – UNFCC, Kyoto-Protokoll und Post-Kyoto-Verhandlungen – deuten auf einen durchaus großen NGO-Einfluss hin. Wenn es allerdings um die Implementierung konkreter Maßnahmen – EU Emission Trading Scheme, Emissionsrichtlinie für PKWs und CO2-Steuer – geht, sind industrielle Gruppen bedeutend erfolgreicher. Schlupflöcher im Sinne der Wirtschaft verwässern einzelne Instrumente erheblich, bzw. wird deren Durchsetzung gänzlich verhindert. Folglich ist der globale Vorsprung der selbsternannten Klima-Vorreiterin EU im Schmelzen begriffen, kann aber dennoch als vorhanden und ausbaufähig bezeichnet werden.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
EU European Union Climate Policy Lobbying Industry NGOs
Schlagwörter
(Deutsch)
EU Europäische Union Klimapolitik Lobbying Industrie NGOs
Autor*innen
Florian Kozak
Haupttitel (Deutsch)
Europäische Klimapolitik im Kontext ökonomischer und ökologischer Interessensvertretung
Hauptuntertitel (Deutsch)
die EU am Gängelband der Industrie oder ambitionierte Vorreiterin?
Paralleltitel (Englisch)
Lobbying EU climate policy
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
143 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Gernot Stimmer
Klassifikationen
89 Politologie > 89.63 Pressure-groups ,
89 Politologie > 89.73 Europapolitik, Europäische Union
AC Nummer
AC08253791
Utheses ID
9328
Studienkennzahl
UA | 300 | | |
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