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Non possum non detestari Germanorum discordiam ignaviamque
Nationale Verantwortung und deutsche Identitätsstiftung im frühen 16. Jh. in Michael Köchlins Commentarii de bello Maximiliani cum Venetis gesto
Andreas Wagner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Elisabeth Klecker
DOI
10.25365/thesis.10475
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29676.87352.373963-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung des Aspektes der sogenannten nationalen Verantwortung und der deutschen Identitätsstiftung im zeitgeschichtlichen Werk Commentarii de bello Maximiliani cum Venetis gesto des Tübinger Humanisten Michael Köchlin (1478 – mind. 1512). Dazu werden zu Beginn die Grundinformationen zu Leben und Werk des Gelehrten geboten. Danach macht ein Forschungsüberblick über die letzten 150 Jahre deutlich, dass Köchlin von wenigen Ausnahmen abgesehen bisher nicht im Zentrum des Interesses stand.
Ausgangspunkt für die Untersuchung ist zum einen die Edition von zwei Ausschnitten aus Köchlins Werk: Die Herstellung eines „lesbaren“ lateinischen Textes samt deutscher Übersetzung erfolgt dabei in Zusammenhang mit der Beschreibung der für die Edition maßgeblichen Handschrift (Wien, ÖNB Cod. 3362, fol. 291r-365r), einer ausführlichen Zusammenfassung der gesamten Commentarii und einer allgemeinen Kommentierung.
Zum anderen bildet eine theoretische Betrachtung zur humanistischen Historiographie und zum Nationsbewusstsein in der Frühneuzeit die Grundlage für die Analyse der Identitätsstiftung bei Köchlin: Um ihre eigenen Interessen zu wahren und sich eine Lebensgrundlage zu schaffen schrieben die Humanisten allgemein im Sinne von (potentiellen) Patronen. Daneben forcierten sie aber kraft ihres patriotischen Selbstverständnisses auch ganz speziell die Idee einer einheitlichen deutschen Nation. Die Leser und Personen aus dem Kreis der herrschenden Schicht in dieser Hinsicht zu beeinflussen betrachteten sie als einen der Zwecke ihrer Literatur. Diese Zielsetzung stand (auch) in Zusammenhang mit dem allgemeinen Nationendiskurs im Europa der Frühneuzeit und der dabei erfolgten Abgrenzung von den jeweils fremden und als minderwertig betrachteten Nationen.
Auf die Darstellung der möglichen Strategien zur (literarischen) Identitätsstiftung folgt eine Übersicht über die diesbezüglichen Schriften einiger ausgewählter Humanisten. Dabei werden die unterschiedlichen Motive für die Propagierung deutscher Identität ersichtlich: Während die Italiener daran interessiert waren, die Deutschen weiterhin zur Kooperation mit der Römischen Kirche zu bewegen, wollten sich die Deutschen aufkosten der Italiener und Franzosen profilieren. Gerechtfertigt war dieser Anspruch aus deutscher Sicht aufgrund der immer mehr gefühlten Übereinstimmung von Hl. Römischen Reich und deutscher Nation.
Zuletzt wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, welche literarischen Motive in Köchlins Commentarii für die deutsche Identitätsstiftung von Bedeutung sind: Ohne wie sonst bei den Humanisten üblich auf die bei Tacitus geschilderten Germanen zu verweisen kritisiert der Tübinger Gelehrte die verkommenen Sitten seiner Zeit, und da vor allem den Egoismus der deutschen Fürsten. Zentral sind hierbei die Begriffe der discordia (Zwietracht) und der ignavia (Trägheit), die beide der aus Köchlins Sicht für das Wohl aller Deutschen unabdingbaren Unterstützung für Kaiser Maximilian I. entgegenstanden.
Abstract
(Englisch)
This dissertation’s subject is the investigation of so-called national responsibility (nationale Verantwortung) and construction of German identity (deutsche Identitätsstiftung) in the historical work Commentarii de bello Maximiliani cum Venetis gesto of Michael Köchlin (1478 – at least 1512), a humanist from Tübingen. In the beginning, the scholar’s biography and his writings are presented. Then, an overview of the last 150 years of research in the field of German humanism will show the lack of interest in Michael Köchlin’s work.
On the one hand, editing two parts of the Commentarii is the basis for the investigation: The aim is to provide the reader with the Latin text and a German translation, along with the description of the only manuscript containing the Commentarii (Wien, ÖNB Cod. 3362, fol. 291r-365r), a detailed summary of the whole work and a general commentary.
On the other hand, the theories about humanistic historiography and feeling of national identity in early modern age are fundamental to the analysis of Köchlin’s construction of German identity: In order to look after their own interests and to care for their livelihood humanists wrote for the purpose of their (possible) patrons. But due to their patriotism they also pushed the idea of a homogenous German nation. It was one of the goals of their literature to have an influence on the readers and members of the ruling classes, which also was linked to the general question of nation building in early modern age Europe and to the separation from foreign nations, which were seen as inferior.
After the description of possible measures for the promotion of national identity (in literature) an overview of different humanists’ writings is presented. As a result, the various intentions of pushing the idea of the German nation can be seen: While the Italians tried to ensure that the Germans kept cooperating with the Roman Church, the Germans wanted to gain more importance in European hegemony at the expense of the other nations. To them their aim seemed justified because of the growing belief that the Holy Roman Empire and the German nation were the same.
Finally, Köchlin’s most important literary motifs in the process of constructing a German national identity are examined: In contrast to the other humanists Köchlin doesn’t refer to the ancient Teutons, but criticises the contemporary lack of morals and especially the German rulers’ egoism. The scholar’s main keywords concerning the problem that Roman Emperor Maximilian I. doesn’t get enough support are discordia (discord) and ignavia (lethargy).
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Michael Köchlin Commentarii early modern age humanistic historiography national identity national responsibility Germans Tacitus Piccolomini Conrad Celtis Heinrich Bebel Johannes Cuspinian
Schlagwörter
(Deutsch)
Michael Köchlin Commentarii Frühneuzeit humanistische Historiographie humanistische Geschichtsschreibung Nationsbewusstsein Identitätsstiftung nationale Verantwortung Deutsche Tacitus Piccolomini Conrad Celtis Heinrich Bebel Johannes Cuspinian
Autor*innen
Andreas Wagner
Haupttitel (Deutsch)
Non possum non detestari Germanorum discordiam ignaviamque
Hauptuntertitel (Deutsch)
Nationale Verantwortung und deutsche Identitätsstiftung im frühen 16. Jh. in Michael Köchlins Commentarii de bello Maximiliani cum Venetis gesto
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
143 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Elisabeth Klecker
AC Nummer
AC08209823
Utheses ID
9461
Studienkennzahl
UA | 190 | 338 | 313 |
