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Medea im Zeitalter der Globalisierung
eine rekonstruktive Studie zu Ethnisierungsphänomenen in Paarbeziehungen
Anna Schweiger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Thomas Slunecko
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.1247
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29963.96402.153770-5
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Ziel dieser interdisziplinär angelegten Arbeit ist die Rekonstruktion des Umgangs binationaler Paare mit ethnisierenden Zuschreibungen. Diese erfolgt sowohl über eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomenbereich als auch über eine empirische Paarinterview-Analyse und der Interpretation der Trilogie 'Das goldene Vließ' von Franz Grillparzer. Der gesamten Studie liegt die Annahme zugrunde, dass bezüglich binationaler Paarkonstellationen nicht von einer von vorneherein erhöhten Problembelastetheit ausgegangen werden kann, wie dies im Common Sense unterstellt wird. Im Gegensatz dazu wird davon ausgegangen, dass in heutigen hochdifferenzierten Gesellschaften zwischen Partnern unterschiedlicher nationaler Herkunft nicht zwangsläufig größere kulturelle Differenzen bestehen. Außerdem wird gezeigt, dass aufgrund begrifflicher und konzeptueller Unschärfen der Konstrukte 'Kultur' und 'Ethni-zität' nicht von einem ursächlichen Wirkungszusammenhang zwischen 'kulturellen' Unterschieden und partnerschaftlichen Konflikten ausgegangen werden kann, sondern der Zuschreibungscharakter solcher ethnisierender Annahmen bei einer adäquaten Auseinandersetzung mit diesem Themenbereich zu bedenken ist. Bezüglich des Umgangs binationaler Paare mit ethnisierenden Zuschreibungen geht diese Arbeit davon aus, dass dabei sowohl kommunikativ-reflexiv ablaufende Prozesse, als auch vor allem habituelle und performative Anteile der Wirklichkeitskonstitution eine Rolle spielen. Mit ihrer Fokussierung auf habituelle Prozesse sozialer Realitätskonstitution, bietet die dokumentarische Methode nach Bohnsack die Grundlage der empirischen Interpretationen. Für den dramatischen Text wird angenommen, dass sich in diesem bestimmte Orientierungsrahmen abbilden, die sich historisch und kollektiv formieren und den individuellen erfahrungsbiographischen Kontext des Autors überlagern. Im kulturpsychologischen Theorieteil werden gesellschaftliche und wissenschaftliche (Diskurs-)Rahmen identifiziert, in denen es zu ethnisierenden Fremdzuschreibungen an binationale Paare kommt. Das Auftreten binationaler Ehen und deren gesellschaftliche Bewertung werden in historischer und aktueller Perspektive und vor allem unter Bezugnahme auf die entsprechend vorgefundene Begrifflichkeit rekonstruiert. Im theaterwissenschaftlichen Theorieteil werden die in vielen Arbeiten erwähnte 'psychologische' Darstellungsweise Grillparzers, sein Streben nach einer gegenwartsorientierten Aktualisierung sowie die thematische Fokussierung auf Geschlechterverhältnis und 'kulturelle' Unterschiede bezüglich ihrer Anschlussfähigkeit an den thematischen Rahmen dieser Arbeit untersucht. Im Methodenkapitel werden Prinzipien der qualitativ-rekonstruktiven Sozialforschung im Allgemeinen und in Abgrenzung zur quantitativ-hypothesenprüfenden Forschungslogik dargestellt und für Leser verschiedener Disziplinen transparent gemacht. Der metatheoretische Überbau, durch den sich avancierte qualitative Sozialforschung auszeichnet, wird vor allem auch in Zusammenhang mit wissenssoziologischen, kulturpsychologischen sowie performanztheoretischen Ansätzen erarbeitet. Es wird ein Transfer des forschungspraktischen Vorgehens auf einen dramatischen Text vorgenommen und das interdisziplinäre Vorgehen wird metatheoretisch reflektiert und für diese Arbeit festgelegt. Der Psychologie erschließt sich in der Interpretation des Dramas ein Blick auf die historische Dimension des Phänomens binationaler Beziehungen und es konnten Kontinuitäten zu auch im heutigen gesellschaftlichen Common Sense enthaltenen Sinn- und Zuschreibungsstrukturen aufgefunden werden. Gerade für die wissenschaftliche Beschäftigung mit gesamtgesellschaftlich verankerten Zuschreibungen eröffnet die Analyse dramatischer Texte ein spannendes Feld. Im Empiriekapitel wird zunächst die Entwicklung von Erkenntnisinteresse und Forschungsfragen im Rahmen des zirkulären Forschungsprozesses dargestellt und das eigene Vorgehen einer kritischen Selbstreflexion unterzogen. In einer ausführlichen Falldarstellung werden Ergebnisse der Interviewinterpretation hinsichtlich des sich abbildenden Geschlechterverhältnisses und des Umgang mit ethnisierenden Fremd- und Selbstidentifizierungen dargelegt und hinsichtlich Inkongruenzen zwischen theoretischen Konstruktionen und handlungspraktisch verankerten Orientierungen vervollständigt. Die Erhebungsform des narrativ-biographischen Paarinterviews, die Anteile des Gruppendiskussionsverfahrens und des narrativen Interviews nach Schütze integriert, wird hier erprobt und durch Hinweise auf sich abzeichnende strukturelle Besonderheiten erweitert. In der Interpretation des Dramas werden anhand der dramaturgischen und stilistischen Ausgestaltung zur Konstruktion des Kulturunterschieds zwischen Griechenland und Kolchis gesellschaftliche Sinnkonstruktionen und im Common Sense verankerte ethnisierende Zuschreibungen herausgearbeitet. Anhand der Dramenanalyse werden exemplarische Einblicke in die prinzipielle Möglichkeit eines so gelagerten Vorgehens bei der Beschäftigung mit dem Phänomenbereich binationaler Paarbeziehungen aufgezeigt. Insgesamt wird in dieser thematisch sehr weitläufigen Arbeit eine ausführliche theoretische und empirische Annäherung an den interessierenden Phänomenbereich möglich, die durch die durchgehende thematische und methodologische Reflexion des Forschungsprozesses eine Reihe von Ansatzpunkten für eine weitere Beschäftigung mit diesem Thema und eine Weiterentwicklung der hier erprobten Erhebungs- und Auswertungsmethoden aufzeigt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
binationale Paarbeziehungen Ethnisierungsphänomene qualitative Sozialforschung Dokumentarische Methode Dramenanalyse Grillparzer Das goldene Vließ Interdisziplinarität
Autor*innen
Anna Schweiger
Haupttitel (Deutsch)
Medea im Zeitalter der Globalisierung
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine rekonstruktive Studie zu Ethnisierungsphänomenen in Paarbeziehungen
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
533 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Thomas Slunecko
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.02 Wissenschaftstheorie ,
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.14 Organisation von Wissenschaft und Kultur ,
08 Philosophie > 08.42 Kulturphilosophie ,
24 Theater > 24.06 Theatergeschichte ,
24 Theater > 24.08 Theatersoziologie, Theaterpsychologie ,
24 Theater > 24.12 Regie, Dramaturgie ,
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.02 Philosophie und Theorie der Sozialwissenschaften ,
77 Psychologie > 77.02 Philosophie und Theorie der Psychologie ,
77 Psychologie > 77.03 Methoden und Techniken der Psychologie ,
77 Psychologie > 77.10 Strömungen und Richtungen in der Psychologie: Allgemeines ,
77 Psychologie > 77.23 Historische Psychologie ,
77 Psychologie > 77.63 Soziale Interaktion, Soziale Beziehungen
AC Nummer
AC07057845
Utheses ID
962
Studienkennzahl
UA | 298 | | |
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